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Opferperspektive e. V. (Hrsg.)

Rassistische Diskriminierung und rechte Gewalt. An der Seite der Betroffenen beraten, informieren, intervenieren

Münster: Westfälisches Dampfboot 2013; 381 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-89691-947-2
Vor dem Hintergrund des massiven Aufkommens neonazistischer und rassistischer Gewalt in den 1990er‑Jahren gründete eine kleine Gruppe politischer Aktivist_innen in Brandenburg 1998 den Verein Opferperspektive mit dem Ziel, Opfer rechter Gewalt beratend und unterstützend zur Seite zu stehen, rechte Gewalttaten öffentlich zu machen und politisch gegen Rassismus zu intervenieren. In diesem Band, der zum 15‑jährigen Bestehen des Vereins erschienen ist, reflektieren Mitarbeitende, Betroffene, Kooperationspartner_innen und Expert_innen rückblickend die Arbeit des Vereins. In den mehr als dreißig Beiträgen wird – in vier Abschnitte untergliedert – die Komplexität des Themas eindrücklich vermittelt. Es sind vor allem die Fallbeispiele aus der Beratungspraxis und die Schilderungen von Betroffenen nicht nur über punktuelle rechtsextreme Gewalterfahrung, sondern über ihre Wahrnehmung von genereller Ausgrenzung und Diskriminierung, die das hässliche Gesicht eines unerträglichen Alltagsrassismus offenbaren. Zudem finden sich neben Überblicksartikeln zur Entwicklung von und dem behördlichen und gesellschaftlichen Umgang mit rechter Gewalt in Deutschland und Brandenburg Beiträge über Ansätze und Methoden der politischen Intervention sowie Rahmenbedingungen und institutionelle Hindernisse der Antidiskriminierungsarbeit. Bei der Abwehr von Rechtsextremismus und Rassismus gilt Brandenburg inzwischen als Vorreiter und besitzt mit seinem Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ (344) Modellcharakter. Gideon Botsch und Christoph Kopke skizzieren den „Brandenburger Weg“: „Staat und Kommunen, Verbände, Wirtschaftsbetriebe und Einzelpersonen haben sich darauf verständigt, Weltoffenheit und Toleranz zu fördern, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Demokratiegegnerschaft hingegen die rote Karte zu zeigen. Klare, unmissverständliche und öffentliche Positionierungen der Politik ermutigen auch Bürgerinnen und Bürger sich zu engagieren.“ (345) Doch trotz aller Erfolge habe Brandenburg immer noch massive Probleme mit Rechtsextremismus und dürfe sein Ziel einer toleranten Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren. Im Vergleich mit anderen Bundesländern setze Brandenburg aber Maßstäbe. Insofern versteht sich der Band nicht nur als Fach‑, sondern zugleich als politisches Buch, mit dem auch ein Wissenstransfer von Ost nach West beabsichtigt ist. Denn obwohl rechte Gewalt in den alten Bundesländern ein andauerndes Problem ist, gibt es dort kaum spezifische Beratungsstellen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.35 | 2.331 | 2.325 | 2.37 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Opferperspektive e. V. (Hrsg.): Rassistische Diskriminierung und rechte Gewalt. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36640-rassistische-diskriminierung-und-rechte-gewalt_44469, veröffentlicht am 23.01.2014. Buch-Nr.: 44469 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken