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Christa Markom

Rassismus aus der Mitte. Die soziale Konstruktion der »Anderen« in Österreich

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Kultur und soziale Praxis); 226 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2634-6
Diss. Wien; Begutachtung: S. Strasser. – Christa Markom untersucht Gemeinsamkeiten und Unterschiede „verschiedener rassistischer Haltungen und Kommunikationsstrategien in Teilen der österreichischen Mehrheitsgesellschaft anhand von als ‚rassistisch‘ und als ‚antirassistisch‘ wahrgenommenen Gruppen. Im Zentrum steht dabei die Forschungsfrage, worin das individuelle und allgemeingültige ‚Wissen‘ über ‚die Anderen‘ innerhalb majorisierter Teile unserer Gesellschaft besteht und woraus es entsteht“ (21). Entsprechend nähert sich die Autorin dem Phänomen Rassismus aus einer anderen, bisher wenig beachteten Richtung, indem sie die von Einzelpersonen geprägten Prozesse untersucht, um so den „Rassismus aus der Mitte“ der Gesellschaft herauszuarbeiten. Für ihre Untersuchung hat Markom Einzel‑ und Gruppeninterviews in insgesamt drei Beziehungsnetzwerken durchgeführt, außerdem das Argumentations‑ und Handlungsverhalten der Personen teilnehmend beobachtet und alle Daten diskursanalytisch untersucht. In ihrer sozialanthropologischen Dissertation stellt sie zunächst relevante Begriffe und Theorien sowie die wichtigen Personen der einzelnen Beziehungsnetzwerke vor, um dann die drei in den Interviews und in der Feldforschung immer wiederkehrenden Diskursstränge „Kultur und Multikulturalismus“, „Heimatverbundenheit und Grenzen“ sowie „Rasse und Rassismus“ zu analysieren, durch die die Differenz zu „den Anderen“ hergestellt wird. Insgesamt identifiziert Markom vier prototypische Situationen in verschiedenen Gruppenkonstellationen, in denen Wortführer_innen beziehungsweise gruppendominante Personen rassistische Argumente vorbringen. Da relativierende oder gar revidierende Gegenreden die Gefahr in sich bergen, mit dem Entzug von sozialem Kapital „abgestraft“ zu werden, wird den unverblümt und lautstark vorgebrachten rassistischen Argumenten innerhalb der Gruppe nicht widersprochen. Entsprechend existiert in den von Markom beobachteten und interviewten Gruppen eine „imagined sameness“ (188), durch die sich die Gruppenmitglieder verbunden fühlen, wenngleich sie sich beispielsweise hinsichtlich Status, Geschlecht, Bildungsgrad und sexueller Identität unterscheiden. In einer Gruppe geäußerte rassistische Ansichten müssen demnach gar nicht immer von allen Gruppenmitgliedern geteilt werden, aber bleiben aufgrund der Gruppenkonstellation unwidersprochen – eine Erkenntnis, die erhellend, aber nicht beruhigend ist.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.42.23 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Christa Markom: Rassismus aus der Mitte. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37205-rassismus-aus-der-mitte_45484, veröffentlicht am 19.06.2014. Buch-Nr.: 45484 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken