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Michael Burawoy

Public Sociology. Öffentliche Soziologie gegen Marktfundamentalismus und globale Ungleichheit. Hrsg. von Brigitte Aulenbacher und Klaus Dörre. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Regine Othmer

Weinheim/Basel: Beltz Juventa 2015 (Arbeitsgesellschaft im Wandel); 258 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-7799-3047-1
Mit seinem Plädoyer für eine öffentliche Soziologie, erstmals 2004 als Ansprache an die American Sociological Association vorgetragen, hat der an der University of California, Berkeley, lehrende Michael Burawoy eine auch in Deutschland rasch an Aufmerksamkeit gewinnende Debatte über den Status des Faches angestoßen. Auf der Basis eines soziologischen Marxismus argumentiert Burawoy für eine reflexive, ebenso kapitalismus‑ und wissenschaftskritisch ausgelegte Erneuerung der fachlichen Perspektive, die drei Herausforderungen zugleich betrifft: den theoretischen Anspruch als Soziologie der Gesellschaft, die Vergegenwärtigung ihrer Rolle in der Gesellschaft und schließlich ihre zeitdiagnostische, gegen marktfundamentalistische Tendenzen gerichtete Funktion für die Gesellschaft. In Abstimmung mit dem Autor haben sich die Herausgeber für eine Auswahl von dessen Aufsätzen aus den vergangenen zehn Jahren unter drei Schwerpunkten entschieden: Kritik der institutionalisierten Wissenschaft, Analyse von Phasen der Vermarktlichung und Auseinandersetzungen mit Formen globaler Ungleichheit. Zwei konzeptionelle Überlegungen ziehen sich durch alle acht Aufsätze hindurch. Durch Kombination der Fragen „Soziologie für wen?“ und „Soziologie wofür?“ entwirft Burawoy zunächst eine generelle Typologie soziologischer Arbeitsteilung. Zum einen richtet sich die universitär etablierte Soziologie auf die Erzeugung instrumentellen Wissens – entweder im Rahmen der Scientific Community nach internen Standards oder anwendungsbezogen für externe Auftraggeber. Zum anderen geht es um die Verwendung reflexiven Wissens entweder als kritische Soziologie im akademischen Kontext oder jenseits eines akademischen Publikums als öffentliche Soziologie, die von der „Verteidigung des öffentlichen Raums und dessen Grundlagen in der Zivilgesellschaft“ (31) geleitet wird. Trotz der gesellschaftskritischen Rolle der öffentlichen Soziologie unterstreicht Burawoy durchgehend den konstitutiven Charakter aller vier Arten soziologischen Wissens für die Disziplin. Die zweite übergreifende Konzeption beruht auf einer Analyse der die Ressourcen der Zivilgesellschaft zerstörenden Effekte zunehmender Marktexpansion. An Polanyi anschließend unterscheidet Burawoy drei Wellen der Vermarktlichung, die auf der Kommodifizierung fiktiver Waren (Arbeit, Geld, Natur) beruhen. Besonders eindrucksvoll fällt seine Auseinandersetzung mit den desaströsen Folgen der Kommerzialisierung von Wissen – als vierte fiktive Ware – am Beispiel der amerikanischen Universitäten aus.
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Rubrizierung: 5.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Michael Burawoy: Public Sociology. Öffentliche Soziologie gegen Marktfundamentalismus und globale Ungleichheit. Weinheim/Basel: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39352-public-sociology-oeffentliche-soziologie-gegen-marktfundamentalismus-und-globale-ungleichheit_47770, veröffentlicht am 04.02.2016. Buch-Nr.: 47770 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken