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Iuditha Balint / Hannah Dingeldein / Kathrin Lämmle (Hrsg.)

Protest, Empörung, Widerstand. Zur Analyse von Auflehnungsbewegungen

Konstanz/München: UVK Verlagsgesellschaft 2014; 227 S.; 32,- €; ISBN 978-3-86764-522-5
Sozialen Bewegungen und Protestformen wird in der sozialwissenschaftlichen Forschung wieder mehr aufmerksam geschenkt und der Sammelband nimmt sich aus „transdisziplinärer Perspektive“ (12) diesen Phänomenen an. Jan Rohgalf widmet sich der Occupy Wallstreet‑Bewegung und arbeitet heraus, dass deren politisches Narrativ zum einen und trotz aller Gemeinsamkeit („We are the 99 %“) aus dem Pluralitätsgedanken der Bewegung besteht und zum anderen sich auch aus einer radikalen Kritik an gegenwärtigen Repräsentationsverhältnissen speist. Trotzdem steht der Autor der Vorstellung kritisch gegenüber, Protest als Exodus aus den bestehenden Verhältnissen zu denken, um damit Veränderung zu bewirken. Rohgalf konstatiert das Narrativ der Occupy‑Bewegung daher eher als „Sackgasse“ (41) denn als Aufbruch. Jens Maeße und Alexander Preisinger weisen in ihrem Beitrag auf eine interessante Ambivalenz hin: Zum einen sei seit den 2000er‑Jahren und vor allem seit der Finanzkrise 2008 Kapitalismuskritik en vogue und weit verbreitet. Zum anderen mehren sich die Protestbewegungen. Doch scheinbar ändert sich nichts im System. Die Autoren zeigen anhand von Attac und der Occupy‑Bewegung, dass sich die Form der Kritik geändert hat und damit auch die Protestbewegungen, die ihre Heterogenität viel stärker betonen und sich durch „fluide Form[en] von Macht“ ( 91) – zum Beispiel in Form von Besetzungen – auszeichnen. Im Gegensatz zu diesen Beiträgen, die sich aktuellen Formen von Protest und Widerstand widmen, lenkt Andreas Haller den Blick auf „Robin Hood“ als klassische Figur des Partisanentums und Widerstandes. Als Mythos und Narrativ dient Robin Hood dazu, den ‚guten‘ Räuber zu erfinden, der sich gegen die ungerechte Verteilung von Eigentum in der (mittelalterlichen) Gesellschaft stellt. Der Autor zeigt gekonnt auf, wie Robin Hood durch Film‑ und Buchinterpretationen zum Verteidiger der englischen Nation gegen Fremde erklärt oder gar in der Hollywood‑Verfilmung von 2010 „zum Vorkämpfer für bürgerliche Freiheitsrechte“ (203) und Volkssouveränität gegen den korrumpierten Adel und veraltete Feudalstrukturen stilisiert wird. So bildet der Band insgesamt ein breites Spektrum der Protest‑ und Bewegungsforschung ab. Er geht auf eine Tagung am Ernst‑Bloch‑Zentrum in Ludwigshafen im Jahr 2012 zurück.
Stefan Wallaschek (WAL)
Doktorand, Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS).
Rubrizierung: 2.22 | 2.331 | 4.45 Empfohlene Zitierweise: Stefan Wallaschek, Rezension zu: Iuditha Balint / Hannah Dingeldein / Kathrin Lämmle (Hrsg.): Protest, Empörung, Widerstand. Konstanz/München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37446-protest-empoerung-widerstand_46014, veröffentlicht am 21.08.2014. Buch-Nr.: 46014 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken