Das 20. Jahrhundert lässt sich theologiegeschichtlich „als das ‚Jahrhundert der politischen Theologie‘ titulieren oder, genauer, des Streits um die politische Theologie“ (175). Sowohl die Säkularisierung wie die politische Ideologie des Faschismus und nicht zuletzt das Aufkommen religiös motivierter Terroristen stellen Verbindungen zwischen Religion und politischer Gewalt her, die eine gründliche Untersuchung verdient haben. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternehmen die Autor_innen dieses Bandes, indem sie entscheidende Denker kritisch analysieren. Dabei steht der katholische Jurist Carl Schmitt für eine politische Theologie ein, die den einen Gott mit der einen Ordnung und dem einen Führer verbindet; auf evangelischer Seite wird der Nationalprotestantismus mit vergleichbarer Stoßrichtung vorgestellt. Demgegenüber wird Erik Peterson als Kritiker solcher Deutung christlichen Glaubens mehrfach referiert, aber auch Johann Baptist Metz mit einem eigenen Beitrag und Jürgen Moltmann kommen als Vertreter einer eher linken Lesart der politischen Theologie zur Sprache, zudem wird Jacob Taubes zumindest in Fußnoten einbezogen. Schließlich gibt es noch eine dritte Lesart, die der Politik einen kompletten Verzicht auf theologische Argumente nahelegt und dementsprechend eine politische Philosophie (Heinrich Meier) oder eine politische Ethik (Hendrik Klinge) empfiehlt. Unterschiedlich verortet wird zudem Giorgio Agamben: Will er die Theologie aus der Politik verdammen (Fabian Sieber), sodass er subkutan gegen Peterson kämpft – oder behält er doch noch messianische Impulse (Hans‑Joachim Schott), um Gewalt zu legitimieren? – Leider fehlt jedoch diesem wichtigen Band mit seinen instruktiven Beiträgen und pointierten Deutungen eine präzise Leitfrage oder ein „roter Faden“. Schon die Anordnung der Aufsätze erscheint beliebig, vor allem aber bietet die einleitende Skizze keine systematische Übersicht, sondern nur eine allzu knappe Darlegung der Begriffsgeschichte, in der vor lauter Namedropping die Kontur der „politischen Theologie“ in den Hintergrund gerät.