Skip to main content
Ulrich von Alemann / Martin Morlok / Sebastian Roßner (Hrsg.)

Politische Parteien in Frankreich und Deutschland. Späte Kinder des Verfassungsstaates

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Schriften zum Parteienrecht und zur Parteienforschung 37); 201 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8329-4759-0
Mit den politischen Parteien ist es so eine Sache: Keiner Institution des politischen Prozesses wird mehr misstraut und keine ist unbeliebter. Dennoch bleiben sie unverzichtbare Fundamente der modernen Demokratien. Ihre Rollen in Deutschland und Frankreich werden in diesem Band in vergleichender Perspektive dargestellt. Er basiert auf einer Tagung aus dem Jahr 2008 des Instituts für Deutsches und Europäisches Parteienrecht der Heinrich‑Heine‑Universität Düsseldorf. Beide Länder waren die ersten, die die Rolle der Parteien verfassungsrechtlich verankerten. Dem gingen, wie Armel Le Divellec detailreich nachzeichnet, lange Diskussions‑ und Beratungsprozesse voraus. Interessant sind dabei die Unterschiede: Während das Grundgesetz die innerparteiliche Demokratie vorschreibt, kennt die französische Verfassung eine solche explizite Vorschrift nicht, was pessimistisch als „Gleichgültigkeit der Eliten sowie des Volkes gegenüber dem Parteileben“ (38) gewertet werden könnte. In Frankreich ist der Begriff Partei zudem ungleich negativer besetzt als in Deutschland – was beispielsweise seine Vermeidung bei den gaullistischen Gruppierungen erklärt. Yves‑Marie Doublet weist zu Recht darauf hin, dass die rechtlichen Bestimmungen zu den Parteien in Deutschland sehr detailreich sind, was in Frankreich nicht der Fall ist. Dies hängt mit dem Wahlsystem zusammen: In Deutschland werden Parteien gewählt, in Frankreich Personen. Der Parteienstaat ist in Bundesrepublik auch daher wesentlich stärker, was auch bei der Besetzung von Ämtern zu beobachten ist. Dieser Vorgang sei „in Deutschland transparent […], während in Frankeich parteinahe Freunde als Verantwortungsträger wie Spitzenbeamten oder Spitzenrichter auf keiner rechtlichen Grundlage ernannt werden“ (68) – gerade dieser Personenkreis aber gewähre im Rahmen eines Parteienstaats ein Gleichgewicht zwischen der Mehrheit und der Opposition. Weitere Aufsätze sind etwa den aktuellen Problemen des Parteirechts in Deutschland gewidmet; Klaus von Beyme erläutert gewohnt souverän die grundlegenden Funktionen der Parteien. Insgesamt zeigt der Band gerade für interessierte Wissenschaftler_innen, die sich mit der V. Republik beschäftigten, informative Erkenntnisse auf. Leider ist er aufgrund der späten Publikation nicht mehr ganz aktuell. Schade ist auch, dass nur ein Kapitel zu den Herausforderungen des deutschen, nicht aber zu denen des französischen Parteiensystems zu finden ist.
{FGI}
Rubrizierung: 2.12.222.3312.61 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Ulrich von Alemann / Martin Morlok / Sebastian Roßner (Hrsg.): Politische Parteien in Frankreich und Deutschland. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39219-politische-parteien-in-frankreich-und-deutschland_45999, veröffentlicht am 07.01.2016. Buch-Nr.: 45999 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken