
Politische Parteien in der EU
Wegen des Einflusses von Gipfeldiplomatie und Verwaltungsbürokratie im EU-System gelten Parteien als nachrangige Akteure. Dabei erwähnt das Primärrecht der EU seit dem Maastrichter Vertrag (1993) explizit deren Bedeutung im europäischen Integrationsprozess. Auch der Vertrag von Lissabon bekräftigt den Beitrag politischer Parteien auf europäischer Ebene bei der „Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins“ und beim „Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union“ (17). Obwohl zudem auch die Kompetenzen des EU-Parlamentes kontinuierlich erweitert wurden, konstatieren Mittag und Steuwer Forschungslücken in der Analyse der Wirkung von Parteien in ihren drei Dimensionen EU-Partei, EU-Parlamentsfraktion und nationale Partei, der Synthese von europäischer Parteien- und Integrationsforschung sowie der Untersuchung kleinerer Europarteien. Sie zeigen ferner, dass sich ein Großteil existierender Arbeiten auf die europäischen Parlamentsfraktionen konzentriert und sich in der EU-bezogenen Parteienforschung bislang kaum konkurrierende Paradigmen etabliert haben. Vor diesem Hintergrund beleuchten die Autoren alle drei Dimensionen, in denen Parteiaktivität auf europäischer Ebene ausgeprägt ist. Nach einer ausführlichen Darstellung der Geschichte, Funktion und Struktur transnationaler Parteienbünde sowie der Konturierung der europäischen Parteienlandschaft wird in knapperem Umfang die Entwicklung und Arbeitsweise der Fraktionen im EU-Parlament zusammengefasst. Schließlich werden die wichtigsten Europäisierungseffekte erläutert, die sich für die Parteiensysteme, Parteiprogramme sowie die Binnenparteistruktur auf nationaler Ebene ergeben. Die Autoren verdeutlichen, dass das Zusammenspiel dieser drei Arenen aufgrund anderer Funktionslogiken nicht mit den drei Dimensionen nationaler Parteien – Parteiführung, Parlamentsfraktion und Basisorganisation – vergleichbar ist. Mittag und Steuwer verbinden die Erkenntnisse der kleinteiligen und englischsprachig dominierten EU-Parteienforschung strukturiert und informativ und werden dem Anspruch des Lesers an ein studienbegleitendes Kompendium der UTB-Reihe gerecht.