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Yves Bizeul (Hrsg.)

Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen

Berlin: Duncker & Humblot 2000 (Ordo Politicus 34); 235 S.; 118,- DM; ISBN 3-428-09918-4
Die Beiträge gehen auf ein internationales Symposium im Jahr 1996 an der Rostocker Universität zurück und beschäftigen sich mit der Bedeutung der politischen Mythen und Rituale als Identitätsstifter und Symbolträger der modernen Nationen. Am Beispiel der drei genannten Nachbarländer, die ein unterschiedliches Nationsverständnis haben, versuchen die Autoren über die versteckten Mechanismen der selektiven Überlieferung von Mythen aufzuklären und plädieren für eine bewusste "Arbeit" am Mythos von Politikern und Medien. Dies ist auch das Vorhaben des Herausgebers des Bandes, wenn er in seinem einführenden Aufsatz einen Überblick über den Stand der Forschung zum Thema gibt und neben der positiven, integrativen Funktion der Mythen auch ihre "gefährliche, manipulative und letztlich desintegrative Funktion" (5) hervorhebt. Der "Januskopf" der Mythen und Rituale, die sowohl legitimierend als auch destabilisierend auf politische Systeme wirken können, wird am Beispiel Polens und der ehemaligen DDR verdeutlicht: In gesellschaftlichen Umbruchphasen werden überlieferte Symbole, Mythen und Rituale neu interpretiert und für bestimmte politische Zwecke instrumentalisiert. Der Prozess der "ikonischen Verdichtung" der Nationalmythologie wird anhand der französischen Geschichte vom Ersten Kaiserreich bis zur Dritten Republik (Amalvi) sowie am Beispiel de Gaulles (Agulhon) erörtert und gefragt, unter welchen Bedingungen Politiker ins nationale Pantheon aufgenommen werden. Die Beiträge über Deutschland zeichnen sich durch eine eindeutige Kritik an dem übrig gebliebenen, zum Teil aber auch nach 1990 wieder erweckten, völkischen Nationverständnisses in Deutschland aus. Inhalt: Yves Bizeul: Theorien der politischen Mythen und Rituale (15-39). Die großen Nationalen Mythen: Suzanne Citron: Der Nationalmythos in Frankreich (43-57); Zbigniew R. Wilkiewicz: Die großen nationalen Mythen Polens (59-72); Andreas Dörner: Politische Integration durch symbolische Politik. Der Hermannsmythos und die deutsche Nation (73-95); Christian Amalvi: Die bildhafte Inszenierung der nationalen Vergangenheit von 1814 bis 1914 (97-116). Politische Mythen und Rituale im Sozialismus: Raina Zimmering: Der politische Mythos der DDR (119-134); Jerzy Holzer: Die Funktion der politischen Mythen und Rituale in der Gewerkschaft "Solidarnosc" (135-140). Nationale Mythen und Rituale der Republik: Adam Krzeminski: Der Mythos der Nation und seine Rituale in der Republik Polen (143-151); Maurice Agulhon: Symbolik der Französischen Republik (153-160); Dieter Oberndörfer: Deutschland ein Mythos? Von der nationalen zur postnationalen Republik (161-196); Odile Rudelle: Zweihundertjahrfeier oder zweite Jahrhundertfeier? Das Schweigen des François Mitterrand (197-210). Mythische Gestalten der Gegenwart: Maurice Agulhon: Ist de Gaulle in die nationale Mythologie eingegangen? (213-218); Nikolaus Werz: Helmut Kohl: Auf dem Weg zum Mythos? (219-234).
Deliana Popova (DP)
Dipl.-Politologin.
Rubrizierung: 5.43 | 5.42 | 2.61 | 2.62 | 2.35 | 2.314 Empfohlene Zitierweise: Deliana Popova, Rezension zu: Yves Bizeul (Hrsg.): Politische Mythen und Rituale in Deutschland, Frankreich und Polen Berlin: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12974-politische-mythen-und-rituale-in-deutschland-frankreich-und-polen_15548, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15548 Rezension drucken