Wenn jemand die Gelegenheit ergreift, „etwas wirklich anderes zu machen und dabei zugleich [versucht,] den eigenen Bildungshorizont zu erweitern” (V), kann dies für den Leser zeitraubende Folgen haben. Oder er stößt auf einen Autor wie Schuppert, dem es gelingt, dem Gegenstand neue Aspekte abzugewinnen. Die bisherige Diskussion der politischen Kulturforschung rekurriert in hohem Maße auf die klassische Studie von Almond und Velba „The Civic Culture. Political Attitudes and Democracy in Five Nations” (1963), in der politische Einstellungen und Orientierungen die zentrale Rolle spielen. Schuppert kritisiert die Engführung dieses Konzepts und arbeitet seinen alternativen Ansatz umfangreich aus: „Es ist [...] an der Zeit, das Konzept der Politischen Kultur von seinem subjektiven Kopf und den darin enthaltenen Meinungen und Einstellungen auf seine strukturellen und institutionellen Füße zu stellen.” (15) Zentrales Element ist seiner Ansicht nach die Öffentlichkeit, in der die politische Kultur zum Ausdruck kommt. Dabei interessiert Schuppert sich vor allem für die kulturelle und institutionelle Rahmung, wie sie sich in der Kommunikations-, Institutionen-, Konflikt- und Erinnerungskultur darstellt. Zudem geht er intensiv auf die Beziehung von Recht und politischer Kultur ein. Es ist beeindruckend, mit welch leichter Hand Schuppert große sozialwissenschaftliche Themen wie Öffentlichkeit oder Konflikt, zu denen jede wissenschaftliche Bibliothek einige Meter an Literatur bereithält, systematisch skizziert und in ihren Bezügen zur politischen Kultur nachvollziehbar diskutiert. Seine Konzentration auf die großen Linien der Rahmung von politischer Kultur führt zwar unweigerlich dazu, manchen Autor nicht zur Kenntnis zu nehmen und einige Aspekte lediglich anzureißen – insofern fordert die Arbeit an manchen Stellen Kritik und Widerspruch heraus. Dennoch überzeugt die Studie mit ihrem konzeptionellen Ansatz, der Stringenz der Argumentation, der nachvollziehbaren Systematik und der Fülle an anschaulichen Konkretisierungen.