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Daniel Droste

Politische Kultur und Politische Parteien in der Russischen Föderation. Zur Analyse und Entwicklung des postkommunistischen Parteienpluralismus

Bochum: projekt verlag 2001 (Dokumente und Analysen zur russischen und sowjetischen Kultur 22); III, 372 S.; 22,50 €; ISBN 3-89733-057-1
Droste bestätigt in seiner literatur- und fußnotenreichen Arbeit, dass die Parteien auf längere Zeit eine schwache Kraft im politischen System Russlands bleiben werden. Obwohl er lediglich die Periode zwischen dem Zusammenbruch des sowjetischen Regimes und der Präsidentschaftswahl im Sommer 1996 analysiert, haben seine Erkenntnisse weiterhin Gültigkeit. In der Bevölkerung würden Parteien als „westliche" (313) Formen der Interessenvermittlung angesehen und kaum Vertrauen genießen. Der Grund sei in der weit verbreiteten Vorstellung des paternalistischen Staates zu suchen. Die politischen Prozesse der Russischen Föderation seien durch eine starke Personenzentriertheit gekennzeichnet. Das „Regime persönlicher Macht" (317) rücke in den Vordergrund. Der Präsident stehe als nationaler Konsensstifter über den Parteien und dominiere die Exekutive. Parteiunabhängige Experten mit entsprechender kommunistischer Erfahrung seien gefragte Krisenmanager, wie beispielsweise der 1998 als Ministerpräsident eingesetzte Jewgenij Primakow. Ein Muster, welches schon das sowjetische Herrschaftssystem prägte, ist noch heute für Russland charakteristisch: „[Z]wischen den politischen Machteliten und der russischen Gesellschaft verläuft eine unüberwindbare Kluft, die Entwicklungsunterschiede zwischen Zentrum und Peripherie fallen mit politisch-kulturellen, materiellen und machtpolitischen Trennlinien zusammen" (314). Dass es den Parteien nicht gelingt, diese Kluft zu überwinden, liege nicht allein an der politischen Kultur, sondern sei ebenso in der verfassungsrechtlichen Position der Staatsduma begründet. Gegenüber dem Präsidenten und dem Ministerkabinett sei sie ein zahnloser Tiger, was auch für den Föderationsrat gelte. In seiner Prognose der Parteienentwicklung weist Droste auf den Faktor Zeit im russischen Kontext hin und meint: „Politische Konsolidierung ist keine Frage von Monaten und Jahren, sondern eher von Jahrzehnten." (323) Inhaltübersicht: 2. Das Konzept der „Political Culture"; 3. Die Grundlagen der Parteienforschung; 4. Die vorrevolutionär-zaristische politische Kultur Russlands; 5. Die sowjetische politische Kultur; 6. Die politische Kultur der Russischen Föderation; 7. Der lange Weg zu den ersten Parlamentswahlen; 8. Dumawahlen im Dezember 1993; 9. Dumawahlen im Dezember 1995 und die Präsidentschaftswahlen im Juni/Juli 1996; 10. Das Parteiensystem der Russischen Föderation; 11. Politische Kultur und Parteienentwicklung in der Russischen Föderation.
Wilhelm Johann Siemers (SIE)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.62 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Daniel Droste: Politische Kultur und Politische Parteien in der Russischen Föderation. Bochum: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/17088-politische-kultur-und-politische-parteien-in-der-russischen-foederation_19653, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 19653 Rezension drucken