
Politische Gewalt und Machtausübung im 20. Jahrhundert. Zeitgeschichte, Zeitgeschehen und Kontroversen. Festschrift für Gerhard Botz
Der über die österreichischen Grenzen hinaus bekannte Zeithistoriker Gerhard Botz feierte 2011 seinen 70. Geburtstag, weswegen wissenschaftliche Weggefährten und Kollegen einen Sammelband zu den Forschungsschwerpunkten des Jubilars erstellten. Da Botz nicht nur ausgewiesener Experte für die (auch Vor- und Nach-)Geschichte des Nationalsozialismus ist, sondern ebenso zur Arbeiterbewegung, zum austrofaschistischen Ständestaat und zur österreichischen Vergangenheits- und Geschichtspolitik arbeitet und darüber hinaus zu Fragen der geschichtswissenschaftlichen Theorien und Methoden publiziert, bietet die Festschrift eine entsprechende thematische Breite. Dass dennoch ein Rahmen gefunden wurde, spricht für die Herausgeber des Bandes, die Botz’ Arbeitsschwerpunkt an der Auseinandersetzung mit Gewalt als Instrument der Herrschaftsausübung festmachten. Besondere Würdigung erfährt des Jubilars seinerzeit bahnbrechend neuer methodischer Zugang; denn Botz wandte als einer der ersten österreichischen Historiker aus den Sozialwissenschaften entlehnte quantifizierende, analytische Methoden an, womit er die Geschichte auf die Höhe einer Wissenschaft führte. Außerdem betrieb er schon früh Oral History, wie wir im Aufsatz von Albert Lichtblau erfahren, und zeigte exemplarisch für seine Generation die Auseinandersetzung mit seinem Nazivater auf, was Ernst Hanisch in seinem Beitrag würdigt. Weiters widmete Botz sich auch der Mikrohistorie und läutete damit einen Perspektivenwechsel in der Geschichtswissenschaft ein, die fortan den Erzählungen der „einfachen Leute“ Beachtung zollte und etwa schlichte Tagebucheinträge als legitime Quellen heranzog, wie die Texte von Edith Saurer und Walter Kissling zeigen. Der Sammelband wird abgerundet durch eine Würdigung des Jubilars als öffentlich in Erscheinung tretenden Zeitkommentators, der politische Interventionen und Kontroversen nie scheute. Gerhard Botz war und ist demnach stets ein „scholar with commitment“ im Bourdieu’schen Sinne.