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Thomas Wiedemann / Michael Meyen (Hrsg.)

Pierre Bourdieu und die Kommunikationswissenschaft. Internationale Perspektiven

Köln: Herbert von Halem Verlag 2013 (Theorie und Geschichte der Kommunikationswissenschaft); 289 S.; brosch., 28,50 €; ISBN 978-3-86962-086-2
Während Pierre Bourdieus Sozialtheorie in den meisten Sozialwissenschaften einen prominenten Platz einnimmt, hat die Kommunikationswissenschaft den französischen Soziologen bisher weitgehend ignoriert. Die Herausgeber des Sammelbandes zeigen aber auf, dass Sozialtheorien insgesamt und ganz besonders Bourdieus Theorie – auf die hier nur mit den Schlagwörtern „Habitus“, „soziale Felder“ oder „soziales und kulturelles Kapital“ angespielt werden kann – für die Kommunikationswissenschaft von Bedeutung sind. Damit möchten sich die Herausgeber explizit von den in der Kommunikationswissenschaft dominierenden psychologischen Ansätzen oder Theorien der mittleren Reichweite abgrenzen. Diese haben nach Ansicht von Thomas Wiedemann und Michael Meyen den Anspruch preisgegeben, „auf alle Spielarten menschlichen Handelns und unterschiedlichste Strukturen anwendbar zu sein“ (8). Der Einsatz von Sozialtheorien sei daher nötig, um den Anschluss der Kommunikationswissenschaft an die Sozialwissenschaften sicherzustellen und darüber hinaus auch zu einem Erkenntnisgewinn beizusteuern. Die Beiträge des Werkes, die teilweise von zentralen internationalen Protagonisten der Bourdieu‑Forschung in der Kommunikationswissenschaft verfasst wurden, sind hierfür ein anschaulicher Beleg. Der Aufbau des Buches erfolgt entlang von drei Themenblöcken. In den Artikeln des ersten Teils wird gefragt, wie Bourdieus Theorie in so unterschiedlichen Bereichen wie der Journalismus‑Forschung, den Public Relations oder der Medieninhaltsforschung genutzt werden kann. Über die Grenzen der Kommunikationswissenschaft hinaus sind die empirischen Studien im zweiten Block von Interesse. Adrienne Russell untersucht zum Beispiel die digitalen Kommunikationsnetzwerke und das journalistische Feld anhand einer Fallstudie zu den französischen Unruhen 2005. Dabei wird deutlich, wie die neuen Medientechnologien die Proteste erleichtern und zugleich das journalistische Feld verändern. Der dritte Teil ist dann wieder eher theoretisch geprägt, indem Bourdieus Ansatz in konkreten Forschungsfeldern der Kommunikationswissenschaft weiterentwickelt wird. Beispielsweise schlagen Klaus Beck, Till Büser und Christiane Schubert mit den Begriffen „medialer Habitus“, „mediales Feld“ und „mediales Kapital“ (234) vor, eine neue Terminologie einzuführen. Der Sammelband setzt die Kenntnis von Bourdieus Schriften voraus und ist damit kein Einführungswerk. Vielmehr handelt es sich um einen Versuch, der Kommunikationswissenschaft eine Fundierung jenseits des theoretischen Mainstreams zu ermöglichen.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.2 | 5.42 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Thomas Wiedemann / Michael Meyen (Hrsg.): Pierre Bourdieu und die Kommunikationswissenschaft. Köln: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36658-pierre-bourdieu-und-die-kommunikationswissenschaft_44395, veröffentlicht am 30.01.2014. Buch-Nr.: 44395 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken