Bei Frieder Otto Wolf, dem dieser Band gewidmet ist, handelt es sich um einen der raren Gegenwartsphilosophen, von dessen Lebenswerk auch Politologen – gleich, welcher Theorierichtung sie entstammen – immer noch lernen können. Einerseits gehört Wolf zu den Vertretern der 68er-Generation, die ihrer Linie bis heute treu geblieben sind und Zeit ihres Lebens radikale Herrschaftskritik mit einem aufgeklärten demokratischen Partizipationsanspruch verbanden. Andererseits ist es gerade dieses emanzipatorische Denken, welches Wolfs Werke auch außerhalb marxistischer Kreise lesenswert macht. So hat Wolf unter anderem maßgeblich dazu beigetragen, den orthodoxen Marxismus der 70er-Jahre aus seiner Krise zu führen, indem er permanent für die Notwendigkeit plädierte, Brücken sowohl zu anderen Theorierichtungen als auch zur politischen Praxis zu errichten. Wolf selbst ist dabei immer mit gutem Beispiel vorangegangen, indem er zum einen wiederholt auf die begrenzte Problemlösungsfähigkeit des Marxismus hinwies und die Notwendigkeit einer Öffnung sowohl gegenüber sozialen und ökologischen Bewegungen als auch gegenüber anderen Theorierichtungen hervorhob; zum anderen, indem er selbst auf hoher Ebene politisch aktiv war (als Abgeordneter der Grünen im Europaparlament). Mit den Kapiteln des Sammelbandes wird die Breite seines Schaffens in angemessener Weise gewürdigt: Sie umfassen philosophietheoretische Abhandlungen ebenso wie Beiträge zur gegenwärtigen politischen Ökonomie, zu Geschlechterverhältnissen und sozialen Bewegungen. Gleichsam wird mit Nachdruck an immer noch aktuelle Frühwerke Wolfs erinnert, etwa an seine alternativen Lesarten von Hobbes oder Foucault. Entstanden ist ein Buch zum Nachdenken und Lernen, nicht nur hinsichtlich der Frage, in welcher Welt wir leben wollen, sondern vor allem auch bezüglich des Stellenwertes und Selbstverständnisses der Sozialwissenschaften.