Partei und Staat in der Sowjetunion 1985-1991
Diss. – Die politischen Reformen der sowjetischen Perestroika-Ära sind angesichts des Zerfalls der Sowjetunion im Jahre 1991 überwiegend ins Vergessen geraten. Dabei handelte es sich bei den in der Studie untersuchten, ernsthaften Versuchen der Trennung von Partei und Staat unter Gorbatschow um das vielleicht größte politische Reformprojekt der sowjetischen Ära. Die enge Verbindung, ja quasi Deckungsgleichheit von Partei und Staat war Hain zufolge eines der zentralen Charakteristika des sowjetischen Systems, wobei der Staat im Grunde ein Instrument der allmächtigen Partei war. Mit der Einführung einer zweistufigen Legislative 1988 sowie des Mehrparteiensystems und des Präsidentenamtes 1990 sollte der Staat allmählich von der Leitung der KPdSU befreit werden und ein pluralistisches System entstehen, schreibt die Autorin. Ihre Analyse zeigt allerdings, dass die radikalen Reformen zu sehr von den persönlichen politischen Motiven Gorbatschows bestimmt waren und insbesondere die neue Personalunion von höchstem Partei- und Staatsamt dem ursprünglichen Reformziel widersprach. Im Grunde sollte der Staat den totalen Machtanspruch der Partei in den Augen der Reformer nur ersetzen, eine echte Pluralisierung des Systems bzw. der Verlust der Monopolstellung der KPdSU waren dagegen unerwünscht. Das Scheitern des sowjetischen Projekts im Jahre 1991 beantwortet damit indirekt auch die zentrale Frage der Autorin nach dem Gelingen der Trennung von Partei und Staat in der späten Sowjetunion. So wurde der Abfall der einzelnen Nationen des Imperiums zu einem nicht unwesentlichen Teil gerade durch die weiter existierende Deckungsgleichheit von Partei- und Staatsapparat in den einzelnen Republiken mitverursacht.