Skip to main content
Rupert Scholz

Parlamentarische Demokratie in der Bewährung. Ausgewählte Abhandlungen. Hrsg. von Rainer Pitschas und Arnd Uhle

Berlin: Duncker & Humblot 2012 (Schriften zum Öffentlichen Recht 1216); 419 S.; 98,- €; ISBN 978-3-428-13731-2
Der Band versammelt 22 Abhandlungen von Rupert Scholz aus fast 40 Jahren und ist als Festgabe anlässlich seines 75. Geburtstags entstanden. Wenn man sich in einem historischen Längsschnitt mit den Überlegungen eines der prominentesten und einflussreichsten Staatsrechtslehrer konservativer Prägung befassen will, so stellt diese Sammlung sicherlich eine willkommene Fundgrube dar. Wer hingegen nach innovativen Deutungsversuchen zu aktuellen Entwicklungen des Parlamentarismus und der Demokratie in der Bundesrepublik sucht, dürfte eher enttäuscht werden. Dies darf aber vielleicht auch nicht erwartet werden von einem Verfassungsjuristen, der die Entstehung des Grundgesetzes faktisch von seinen Anfängen – auch in verschiedenen politischen Funktionen – mit begleitet hat und auch deshalb eine im besten Sinne konservativ-bewahrende Position vertritt. Bei keinem anderen Thema wird dies deutlicher als bei der Frage nach der verfassungsrechtlichen Einführung plebiszitärer Elemente auch auf Bundesebene, gegen die sich Scholz in der Mehrzahl seiner Aufsätze kategorisch wendet. Auch in dieser Hinsicht ist eine solche Zusammenstellung von Aufsätzen aufschlussreich, zeigt sie doch, wie treu sich der Verfasser über die Zeiten geblieben ist – selbst wenn die Begründung mit dem Verweis auf die Weimarer Erfahrungen inzwischen als widerlegt gilt. Einige der von Scholz bearbeiteten Themen zeigen aber auch, wie wenig in den vergangenen Jahrzehnten durch Reformen an den vermeintlichen Defiziten des politischen Systems der Bundesrepublik verändert werden konnte. Dazu zählen die bescheidene Rolle und der Einflussverlust der Landesparlamente, der seit Jahren beklagt und in verschiedenen Reformkommissionen diskutiert worden ist. In diesem Zusammenhang erweist sich Scholz als wertvoller Zeitzeuge, der eine Vielzahl dieser Reformprozesse begleitet hat und deshalb immer wieder auch die politische Binnenperspektive einnimmt – leider auch dann, wenn er Kritik am bestehenden System sehr unjuristisch zurückweist. Der Aufsatz „Der antiparlamentarische Parlamentarier“ aus dem Jahr 1984, in dem Scholz den damals in der Entstehung begriffenen Grünen bescheinigt, „noch nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer politischen Partei im Sinne des Art. 21 GG“ (239) zu erfüllen, mutet auf den ersten Blick sehr anachronistisch an. Gleichwohl steht er für eine auch heute noch verbreitete Denktradition, die sich schwer mit Veränderungen des politischen Systems tut und diese nur unzureichend zu erklären vermag. Angesichts der sich gegenwärtig vollziehenden Veränderungen im Parteiensystem scheinen aber Hinweise auf die historischen Errungenschaften der Volksparteien als Antwort alleine kaum mehr hinreichend.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 1.3 | 2.3 | 2.32 | 2.325 | 5.41 | 3.2 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Rupert Scholz: Parlamentarische Demokratie in der Bewährung. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35345-parlamentarische-demokratie-in-der-bewaehrung_42584, veröffentlicht am 13.09.2012. Buch-Nr.: 42584 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken