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Madjiguène Cissé

Papiere für alle. Aus dem Französischen von Nicola Schieweck-Rajeswaran

Berlin/Hamburg/Göttingen: Assoziation A 2002; 223 S.; pb., 16,- €; ISBN 3-935936-14-1
Warum sollten die Menschen "in einer Welt, in der alles zirkuliert, Informationen, Kapital, Waren, Musik, Kulturen" (172), akzeptieren, dass sie von der Freizügigkeit ausgenommen sind? Die Senegalesin Cissé fordert die "globale Legalisierung" (171), ihre Idee ist die Freizügigkeit aller Menschen. Verbunden ist dieser Gedanke mit der sozialen Bewegung der "Sans Papiers" in Frankreich, deren Sprecherin sie war. Diese Bewegung begann 1996 mit einer Kirchenbesetzung in Paris durch illegale Einwanderer, die ihre Legalisierung forderten. Cissé, die ihre Biografie mit der Geschichte der Bewegung verknüpft, kritisiert die französischen Einwanderungsgesetze und den Umgang mit Ausländern. Die berechtigte Kritik zum Beispiel hinsichtlich der Gruppe, die nach Gesetzeslage weder abgeschoben noch legalisiert werden darf, ordnet sie allerdings der radikalen Ablehnung sämtlicher die Einwanderung behindernder Gesetze unter. Die Regierung wird dafür kritisiert, vor allem jenen die Einwanderung zu gestatten, die als Arbeitskräfte gebraucht werden. Auf Frankreich als einem demokratischen Rechtsstaat kommt die Autorin nicht zu sprechen, sondern bezeichnet Polizisten als "Bullen" und rühmt sich ihrer politischen Kompromisslosigkeit. Cissé wurde bei der Räumung einer besetzten Kirche verhaftet, vor Gericht antwortete sie auf die Anklage wegen illegaler Einreise mit Hinweisen auf die frühere Kolonialpolitik Frankreichs und die Schuldenlast der afrikanischen Länder. Beides habe dazu beigetragen, dass sich viele Menschen aus wirtschaftlicher Not gezwungen sähen, Afrika zu verlassen, woraus sie für sich persönlich ein Recht auf Einwanderung nach Frankreich ableitet. Für diese Verknüpfung der weltweiten Migration mit dem Nord-Süd-Konflikt durch die "Sans Papiers" erhielt Cissé als Sprecherin der Bewegung 1998 in Berlin von der Internationalen Liga für Menschenrechte die Carl-von-Ossietzky-Medaille. Die "Sans Papiers" haben nach Angaben Cissés erreicht, dass 90.000 befristete Aufenthaltsgenehmigungen erteilt wurden. Die Autorin selbst lebt wieder im Senegal.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 4.42 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Madjiguène Cissé: Papiere für alle. Berlin/Hamburg/Göttingen: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9729-papiere-fuer-alle_11451, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11451 Rezension drucken