Oppositionspolitik. Wolfgang Abendroth und die Entstehung der Neuen Linken (1950-1968)
Geschichtswiss. Diss. Augsburg; Gutachter: A. Wirsching, W. Weber. – Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage nach dem Stellenwert Abendroths für die Etablierung der Neuen Linken in der Bundesrepublik. Bereits mit dieser Frage distanziert sich der Autor von dem verbreiteten einseitigen Ansatz, die Außerparlamentarische Opposition ausschließlich aus der Perspektive der antiautoritären Bewegung und der Kritischen Theorie abzuleiten. Heigl akzentuiert vielmehr die bis in die zwanziger Jahre zurückreichenden Traditionslinien des Linkssozialismus und veranschaulicht, wie der Intellektuelle ein wichtiger Transmissionsriemen für die Etablierung einer Gegenhegemonie im Nachkriegsdeutschland wurde. Der Autor zeigt vortrefflich, wie Abendroths Orientierung an linkssozialistischen Vorstellungen der Weimarer Republik, die vielleicht noch deutlicher hätten systematisiert werden können, einerseits den Boden für eine linke akademische Öffentlichkeit schuf, aber andererseits in Konkurrenz zu der antiautoritären Linken geriet. Während sich diese mit einem selektiven Rückgriff auf die Heroen der Frankfurter Schule theoretisch bezog und praktisch für Spontaneität und Voluntarismus jenseits der Arbeiterschaft optierte, musste ihr Abendroths Festhalten am Proletariat und seine Option für die sozialistische Ausgestaltung des demokratischen Rechtsstaats als problematisch erscheinen. Tatsächlich fehlen bei Abendroth grundlegende theoretische oder methodische Reflexionen zur Revision des linkssozialistischen Marxismusverständnisses angesichts veränderter sozialer Verhältnisse: „Die Politik des Kulturellen, Sexualität, Familie, Antisemitismus, Kulturindustrie, Ideologiekritik waren nicht Abendroths Themen.“ (350) So ist Heigl zuzustimmen, dass aus der heutigen Perspektive Abendroth als politischer Professor erscheint, auch wenn der Wissenschaftler – hier vor allem der Verfassungsrechtler des sozialen Rechtsstaates – nicht unterschätzt werden sollte.