„50 Jahre Geschichte des unabhängigen Staates Nigeria ist im Wesentlichen eine Geschichte politischer Krisen, erfolgreicher und gescheiterter Militärputsche, der Machtzentrierung bei gleichzeitiger Fragmentierung gesellschaftlicher und staatlicher Strukturen und einer explosiven Bevölkerungszunahme“ (182), schreibt Bergstresser. Sein Ziel ist es, die für den nigerianischen Staat konstitutiven politischen und sozioökonomischen Strukturen aufzuzeigen und somit Erklärungen für die vielen verschiedenen Krisen und Probleme der Regionalmacht Westafrikas zu liefern. Dementsprechend beschäftigen sich die fünf Kapitel des Bandes mit jeweils einem größeren Problemkomplex. Im ersten Kapitel stellt Bergstresser den Ressourcenreichtum Nigerias und die damit verbundenen Fehlentwicklungen dar. Wie in den meisten anderen Sektoren sorgt weitverbreitete Korruption und die ungenierte private Aneignung staatlicher Ressourcen dafür, dass nur ein kleiner Teil der Einnahmen für entwicklungsorientierte Investitionen verwendet wird. Im zweiten Kapitel wird der Biafra-Krieg untersucht und aufgezeigt, dass gerade hier eine Ursache des kriminellen Gewaltmarkts liegt, da nie ein sinnvoller Reintegrationsprozess der Soldaten stattgefunden hat. In zwei weiteren Kapiteln analysiert Bergstresser die ethnische und religiöse Zusammensetzung der nigerianischen Bevölkerung. Hier wird sehr deutlich, dass wirtschaftliche Konflikte leicht ethnisch und/oder religiös umgedeutet werden können und somit eine andere Legitimation erfahren. Außerdem widmet sich der Autor dem regionalen Führungsanspruch, der wiederum in großem Gegensatz zu den inneren Spaltungen der Gesellschaft entlang religiöser, ethnischer und wirtschaftlicher Trennungslinien steht. Bergstresser hat ein kluges Buch geschrieben, das dank seiner fundierten Kenntnis der Verhältnisse vor Ort für ein besseres Verständnis der Konfliktlinien sorgt, die Nigeria seit der Kolonialisierung prägen und die für die gravierenden Probleme und Entwicklungshindernisse verantwortlich sind.