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Rainer Knauber

Neinsagerland. Wege zu einem Konsens für Fortschritt

Berlin: vorwärts buch GmbH 2011; 143 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-86602-436-6
Deutschland scheint vor lauter Wutbürgern nicht in der Lage zu sein, die für ein entwickeltes Industrieland erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg zu bringen – kurz gefasst ist das die Gefahr, die Rainer Knauber sieht. Als Generalbevollmächtigter von Vattenfall für Berlin und die neuen Bundesländer ist er allerdings parteiisch. Für die Aktivisten im Fledermausschutz und gegen Bahnhofsumbauten hat er deswegen auch einige spöttische Einwände parat. Mit leichter Schreibe strebt er zugleich eine „Entmystifizierung“ (48) der dahinter stehenden Organisationen an. Nun könnte man das Buch wegen des nachdrücklichen Werbens für den Ausbau der Verkehrs- und Energieinfrastruktur als einseitiges Grundsatzpapier eines Energieunternehmens abtun. Knauber, der langjähriger Sprecher von Reinhard Klimmt war, argumentiert aber aus sehr grundsätzlichen Erwägungen heraus gegen die gewachsene Protestkultur. Bedenkenswert ist dabei sein Einwand, dass es weniger um die Befindlichkeit des engagierten Wutbürgers geht, sondern eher um die mangelnde Konfliktfähigkeit der Politik. Knauber sieht deshalb keine Lösung darin, eine partizipatorische Demokratie mit viel plebiszitärer Vetomacht aufzubauen. Diese liefe aus seiner Sicht nur Gefahr, „gut vernehmbare und gut organisierte Minderheiten“ (110) eine bloße Eigennutzenmaximierung zu ermöglichen. Vielmehr spricht er sich für eine Reaktivierung der repräsentativen Demokratie aus: „Demokratie wird nicht dadurch besser, dass sich ihre gewählten Vertreter hinter Volksabstimmungen verstecken, die demokratische Willensbildung an Ethik-Räte, Umweltorganisationen, hochbezahlte Gutachter oder das Bundesverfassungsgericht outsourcen. Mandatsträger sollten den Mut haben, ihr Mandat wahrzunehmen“ (111). Es stehe den Parlamenten und Gemeindevertretungen frei, Bürgerbeteiligung, Interessenausgleich oder plebiszitäre Elemente dabei einzubeziehen. Eine zentrale Voraussetzung müsse aber die Politisierung der Konflikte, eine gemeinwohlorientierte Interessenabwägung und vor allem ein zeitlich nicht zu langwieriger Entscheidungsprozess sein.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.331 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Rainer Knauber: Neinsagerland. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34692-neinsagerland_41697, veröffentlicht am 02.02.2012. Buch-Nr.: 41697 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken