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Hans-Ulrich Wehler

Nationalismus. Geschichte, Formen, Folgen

München: C. H. Beck 2001 (C. H. Beck Wissen in der Beck'schen Reihe 2169); 122 S.; 7,50 €; ISBN 3-406-44769-4
Einen sehr gut lesbaren, pointierten, an der aktuellen Forschung ausgerichteten und gleichwohl allgemeinverständlichen Überblick über das Themenfeld Nationalismus legt der emeritierte Bielefelder Historiker Wehler vor. Das in der aktuellen Politik häufig unscharf verwendete Schlagwort Nationalismus wird begrifflich scharf umrissen, wobei Wehler zwischen den Definitionen einer älteren Nationalismusforschung, die auf den Nationenbegriff unkritisch als quasi-natürliche historische Einheit zurückgriff, und einer neueren Forschung, die das Phänomen "Nation" als soziales Konstrukt versteht, unterscheidet. Es folgt eine stichpunktartige historische Analyse der Entstehung des Nationalismus als Integrationsideologie, seiner Verbreitung innerhalb des Okzidents sowie seines "Exports" in andere Regionen dieser Welt. Es nimmt nicht Wunder, dass der Sozialgeschichtler Wehler es nicht versäumt, ein Kapitel den sozialen Trägerschichten des Nationalismus zu widmen. Wehlers Analyse ist, wie bei dem Hintergrund des Autors nicht anders zu erwarten, kritisch. Sein Fokus liegt in erster Linie auf dem Nationalismus als umfassendes, die Religion in ihrer Funktion ablösendes Weltbild, das eine politische Gemeinschaft integrieren soll. Die dem Nationalismus als solchem inhärent eingeschriebene Unterscheidung zwischen einer In- und einer Outgroup birgt nach Wehler im Keim jene perverse Entartung in sich, die besonders den deutschen Nationalismus kennzeichnete. Historisch ist nach Wehler nicht nur die analytische Perspektive, sondern auch das untersuchte Phänomen selbst: Wehler hält nämlich den Nationalismus für ein ausgedientes Modell sozialer Integration. Das mit einem Fragezeichen versehene letzte Kapitel des Buches: "Das Ende des Nationalismus?" müsste nach Meinung des Autors deshalb mit einem Ausrufezeichen abgeschlossen werden. Inhaltsübersicht: I. Der Nationalismus: Unikat des Okzidents; II. Entstehung und erste Entwicklung des Nationalismus; III. Der Ideenfundus des Nationalismus - Die Steigerung zur "Politischen Religion"; IV. Die neue Zielutopie: Die "Erfindung der Nation" und die historischen Traditionen der Ethnien; V. Soziale Trägerschichten des Nationalismus; VI. Wie und warum gelang die Ausbreitung des Nationalismus; VII. Typologien des Nationalismus; VIII. Verlaufsgeschichten des Nationalismus; IX. Erfolge des Nationalismus - Unverdienter Ruhm des Nationalstaats; X. Das Ende des Nationalismus?
Florian Weber (FW)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.23 Empfohlene Zitierweise: Florian Weber, Rezension zu: Hans-Ulrich Wehler: Nationalismus. München: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/15716-nationalismus_17924, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 17924 Rezension drucken