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Hans-Rudolf Wicker (Hrsg.)

Nationalismus, Multikulturalismus und Ethnizität. Beiträge zur Deutung von sozialer und politischer Einbindung und Ausgrenzung

Bern/Stuttgart/Wien: Verlag Paul Haupt 1998; 237 S.; kart., 47,- DM; ISBN 3-258-05866-0
Der Band dokumentiert die Beiträge einer Tagung, die die Universität Bern 1995 in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Personalamt durchgeführt hat. In seiner Einführung entwirft der Herausgeber eine theoretisch anspruchsvolle Problemstellung, der sich allerdings nicht alle Abhandlungen vollständig einfügen. Nationalismus, Ethnisierung und soziokulturelle Heterogenisierung lassen sich als Reaktion auf Globalisierungsprozesse verstehen, die - sei es über die Dynamik autonomer Märkte, sei es durch transnationale Mobilität - die Einheit nationalstaatlich verfaßter Politik auszehren. Unter Berufung auf nationale, ethnische oder kulturelle Besonderheiten entstehen Bewegungen, die "Entmischung zur Programmatik" erheben (29). Alle drei Aspekte verkörpern spezifische Formen einer - auf den Ausschluß bestimmter Gruppen zielenden - Re-Naturalisierung des Politischen; ob und in welcher Weise sie "zu einem einzigen Diskurs verschmelzen" (29), hängt von jeweiligen politisch-historischen Rahmenbedingungen ab. Die thematische Zusammensetzung des Bandes erscheint freilich etwas kontingent: nur 4 der 10 Beiträge setzen sich mit Spezifika der Schweiz auseinander (nationale Semantik, Rechtsextremismus, Konfliktregulierung durch konsensdemokratische Verfahren; Migrationspolitik), jeweils 2 behandeln Aspekte der binneneuropäischen Migrationspolitik bzw. der Ethnisierung des Politischen in Osteuropa. Mit Blick auf die unübersichtliche Multikulturalismus-Debatte ist zumal Wickers Ansatz (39 ff.) anregend, Überlegungen von Hannah Arendt und John Rex in der Weise zu verknüpfen, die linke und rechte Simplifizierungen kritisiert: "Die rechts-konservative Forderung, daß individuelle Assimilation an die Werte, Normen und Kulturen der Aufnahmegesellschaften jenes Mittel sei, um multikulturelle Konflikte abzubauen, erweist sich als ebenso trügerisch wie die linksliberale Sicht, daß Rassismus und ethnische Ghettoisierung bekämpft werden könnten, indem im privaten Sektor mehr Toleranz gegenüber dem kulturell Andersartigen geübt werde." (57) Inhalt: Hans-Rudolf Wicker: Einführung: Nationalstaatlichkeit, Globalisierung und die Ethnisierung der Politik (9-37). Theoretische Situierung: Hans-Rudolf Wicker: Nationalismus, Multikulturalismus und Ethnizität (39-63). Die Schweiz im Übergang vom Nationalen zum Transnationalen: Hans Ulrich Jost: Der helvetische Nationalismus. Nationale Identität, Patriotismus, Rassismus und Ausgrenzungen in der Schweiz des 20. Jahrhunderts (65-78); Klaus Armingeon: Rechtsextremismus: Die Schweiz im internationalen Vergleich (79-99); Wolf Linder: Der ethnische Konflikt als Herausforderung demokratischer Systeme (101-115); Werner Haug: Grundlagen für eine schweizerische Migrationspolitik (117-163). Europa im Entstehen: Riva Kastoryano: Identités et solidarités en Europe. Vers un multiculturalisme? (165-176); Giuseppe Callovi: La citoyenneté de l'Union et les migrations dans la nouvelle architecture de l'Union Européenne (177-206). Die Ethnisierung der Politik in Osteuropa und Russland: Christian Giordano: Ethnizität und das Motiv des mono-ethnischen Raumes in Zentral- und Osteuropa (207-226); Ksenia Borischpolez: Die politische Zukunft Russlands unter Berücksichtigung der ethnischen Beziehungen (227-237).
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.5 | 2.62 | 2.25 | 3.1 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Hans-Rudolf Wicker (Hrsg.): Nationalismus, Multikulturalismus und Ethnizität. Bern/Stuttgart/Wien: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6514-nationalismus-multikulturalismus-und-ethnizitaet_8830, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8830 Rezension drucken