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Florian Bieber

Nationalismus in Serbien vom Tode Titos bis zum Ende der Ära Milošević

Wien: Lit 2005 (Wiener Osteuropa Studien 18); IV, 541 S.; brosch., 39,90 €; ISBN 978-3-8258-8670-7
Diss. Wien; Gutachter: H.-G. Heinrich, A. Suppan. – „Angst“ und „Unsicherheit“ seien die zwei wesentlichen Faktoren gewesen, die die Entwicklung des serbischen Nationalismus prägten, schreibt Bieber. Zwar habe dieser unter Milošević seinen Höhepunkt erreicht. Aber auch ohne ihn hätte er alle Bereiche des öffentlichen Lebens durchdrungen. Der Autor belegt dies beginnend mit einem Rückblick auf die Verfassung von 1974. Damals wurden die Vojvodina und das Kosovo zu autonomen Provinzen. Diese Dezentralisierung Jugoslawiens wurde in Serbien (und von den serbischen Kommunisten) heftig kritisiert. Der gesamte serbische politische Diskurs verengte sich im Folgenden immer weiter auf eine nationalistische Sicht, die Serben sahen sich durch andere Nationen und Ideologien bedroht. Dem Kriegsbeginn 1991 seien so Jahre der politischen und intellektuellen Verantwortungslosigkeit vorausgegangen, schreibt der Autor. Als Katalysator wirkte die Kosovo-Krise von 1981, den Kosovo-Albanern wurde vorgeworfen, einen Genozid an Serben zu verüben. Bieber lässt keinen Zweifel daran, wie sehr diese Wahrnehmung von Vorurteilen geprägt war und wie wenig sie den Tatsachen entsprach. Eine wichtige Rolle bei der Formulierung des Nationalismus spielten serbische Schriftsteller und Wissenschaftler, die nicht für Freiheit und Demokratie eintraten, sondern Ressentiments schürten. Auf dem so vorbereiteten Terrain gelang Milošević der politische Aufstieg. Immer stärker verknüpfte sich der Nationalismus mit der Unzufriedenheit mit dem Kommunismus – mit dem für Milošević positiven Effekt, dass die mangelnde Demokratisierung des Landes kaum thematisiert wurde. Der häufige Ruf nach einer nationalen Einheit, womit die Hegemonie der Serben gemeint gewesen sei und der tatsächlich dem Machterhalt gedient habe, so Bieber, sei das Land in einem permanenten politischen Ausnahmezustand versetzt worden. Deshalb sei die Demokratisierung zwischen 1990 und 2000 fehlgeschlagen. Dem serbischen Nationalismus, so das Fazit, ist der größte Anteil an der Entwicklung der Konflikte in Jugoslawien zu zuweisen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Florian Bieber: Nationalismus in Serbien vom Tode Titos bis zum Ende der Ära Milošević Wien: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/25374-nationalismus-in-serbien-vom-tode-titos-bis-zum-ende-der-aera-miloević_29407, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 29407 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken