Der Prozess der europäischen Integration habe auf nationaler Ebene zu einem Macht- und Bedeutungsverlust der Legislative zugunsten der Exekutive geführt – unter dieser Prämisse analysiert Zier die Anpassung der nationalen Parlamente an veränderte Rahmenbedingungen in Deutschland, Dänemark und Österreich, in drei EU-Mitgliedstaaten also, die sich nach der Länge ihrer Mitgliedschaft und dem gängigen Muster der Beziehungen zwischen Parlament und Regierung („minimum winning coalitions“, Minderheitsregierungen, Große Koalitionen) stark unterscheiden. Nach der chronologischen Darstellung der Adaption der nationalen Parlamente von der EGKS bis zu Post-Nizza bestätigt sich für Zier die These vom Machtverlust: Ihrer genuin legislativen Aufgabe beraubt, müssten sich die Parlamente zunehmend auf die Kontrolle der EU-Politik der Regierung konzentrieren. Im Ergebnis sei wegen mangelnder Kapazitäten „eine effektive Kontrolle der Ratstätigkeit der Regierung durch die nationalen Parlamente heute in aller Regel nicht mehr möglich“ (357), die „Demokratie in den EU-Mitgliedstaaten wird zunehmend substanzlos“ (360). Das Dilemma von Ziers Analyse liegt in der offenkundigen Ausblendung von Parteien als Entscheidungsträgern, wie es für mehrheitsparlamentarische Regierungssysteme konstitutiv ist. Selbst für Deutschland wird die Existenz einer Funktionseinheit von Regierung und Parlamentsmehrheit schlichtweg verneint (23). Durch diese Fokussierung auf die formalen Verfassungsorgane Regierung und Parlament ignoriert Zier die materiellen Entscheidungsstrukturen und gelangt am Ende seiner Studie, die im Detail ein hohes Maß an Genauigkeit zeigt, zum wirklichkeitsfernen Ergebnis der „Entparlamentarisierung und Entdemokratisierung“ (6).