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Martin Stadelmaier / Wolfgang Wiemer (Hrsg.)

Nah bei den Menschen. Festschrift zum 65. Geburtstag von Kurt Beck

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2014; 166 S.; Ln., 19,90 €; ISBN 978-3-8012-0455-6
Ungewöhnlich an dieser Festschrift, die anlässlich des 65. Geburtstags von Kurt Beck präsentiert wurde, ist die Tatsache, dass nicht etwa Freunde und Wegbegleiter, sondern in erster Linie der Jubilar selber zu Wort kommt. Ersteren – darunter Hannelore Kraft, Karl Kardinal Lehmann oder auch Edmund Stoiber – ist es vorbehalten, die einzelnen Themenblöcke einzuleiten. Leider tritt dabei wenig Kontroverses oder gar Spannendes zutage. Stoiber etwa attestiert dem „föderalistischen Löwen“ (64) Beck, „Bodenständigkeit, Bürgernähe und Menschlichkeit“ (63) nie vergessen zu haben, eine Einschätzung, die sich mit Blick auf die gesetzeswidrige Förderpraxis des Nürburgrings durch das Land Rheinland‑Pfalz zumindest nicht ganz ohne Irritationen liest. Aber in einer Festschrift ist für derlei wohl kein Platz. Gefüllt sind die Seiten des Bandes dann mit Reden und Texten Becks, die die Herausgeber – der ehemalige Chef der Staatskanzlei in Rheinland Pfalz und Becks Büroleiter im SPD‑Vorstand – ausgewählt haben, um die „politische Moral“ (7) zu illustrieren, für die Beck steht. Das ist in der heutigen politischen Landschaft ein so seltener Begriff, dass sich ein Nachlesen in der Tat lohnt, etwa, wenn es um die Debatte des – unlängst endlich eingeführten – Mindestlohns geht: „Wir sprechen über einen Ansatz“, so Beck vor dem Deutschen Bundesrat am 21. September 2007, „der für mich eine Ausgestaltung der sozialen Marktwirtschaft im besten Sinne ist. Er versucht, anständige Bedingungen für die Unternehmen zu verankern“ (140). Was zunächst nach austauschbarer Politikersprache klingt, wird an anderen Stellen persönlicher, etwa wenn Beck in seinen Reden über Begegnungen mit Menschen berichtet, beispielsweise über die mit einem Mann Ende 20, der „trotz Berufsausbildung nur von einem Leiharbeitsverhältnis ins andere kommt“ (148). – Die Qualität der politischen Moral bei Beck lässt sich anhand seiner Reaktion ablesen: Was solle man diesem Menschen sagen, fragt er, etwa, dass derlei gerecht sei? Da braucht es dann gar keine direkte Antwort mehr, allein die Frage gestellt zu haben ist – angesichts einer zunehmenden Ökonomisierung der Politik in Deutschland – Antwort genug.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.32.3252.331 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Martin Stadelmaier / Wolfgang Wiemer (Hrsg.): Nah bei den Menschen. Bonn: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37728-nah-bei-den-menschen_46002, veröffentlicht am 30.10.2014. Buch-Nr.: 46002 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken