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Cornelia Koppetsch (Hrsg.)

Nachrichten aus den Innenwelten des Kapitalismus. Zur Transformation moderner Subjektivität

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011; 288 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-531-18163-9
Die Auswirkungen von Ökonomisierung, Deregulierung und Flexibilisierung auf den Wandel von Subjektivität werden häufig durch Konzepte des „flexiblen Menschen“ (Sennett) oder des „unternehmerischen Selbst“ (Bröckling) in den Blick genommen. In aktuellen Debatten wird dabei der Einfluss von „mächtigen Akteuren (die Unternehmer, die Banken)“, schreibt Koppetsch einleitend, oder „anonymen Kräften (die Finanzmärkte, die Globalisierung)“ auf soziale Strukturveränderungen thematisiert. Nur selten werden in empirischen Studien jedoch die „Innenwelten“ des Kapitalismus, d. h. die Auswirkungen von Transformationsprozessen auf Lebensformen, subjektive Deutungen und kulturelle Leitbilder in ihrer Ambivalenz untersucht: „Die ‚Normalsubjekte‘ sind nicht nur Opfer systemischer Zusammenhänge, sondern auch Akteure oder sogar Urheber“ (12 f.) verfestigter Ungleichheitsstrukturen und neuer Entfremdungsmechanismen. Die Beiträge dokumentieren eine große Spannbreite empirischer Befunde, die das Alltagsbewusstsein der Subjekte, die Verschiebung von Machtmechanismen durch Selbst-Transformation, Selbst-Disziplinierung und Selbst-Optimierung, aber auch die Voraussetzungen für emanzipatorische Selbstbestimmung verstehbar und zugänglich machen. Die Autorinnen und Autoren untersuchen u. a. die Verarbeitungsmuster von Lohnabhängigen, die in der Metall- und Elektroindustrie von Umstrukturierungen betroffen sind, transnationale Bildungs- und Berufskarrieren von Führungskräften, die Auswirkungen veränderter Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit, den Wandel von Mentalitäten und monetären Idealen im Umgang mit finanziellen Risiken bis hin zur „Vermarktung von Träumen“ (171) durch Selbstinszenierungen in Casting Shows oder die Verbindung von Konsumkulturen und Lebensstilen durch die Kosmetikbranche. Eindimensionale Erklärungsansätze wie die Thesen der „Wissensgesellschaft“ oder des „unternehmerischen Selbst“ werden in den Analysen infrage gestellt. So zeigt beispielsweise Müller sehr anschaulich, dass es immer auch offensichtliche Fremdzwänge durch „die Unterwerfung unter eine Definitions- und Beurteilungsautorität“ (185) sind, die Subjekte zur marktkonformen Selbstoptimierung anhalten.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 2.35 | 2.342 | 2.343 | 2.23 | 2.24 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Cornelia Koppetsch (Hrsg.): Nachrichten aus den Innenwelten des Kapitalismus. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34305-nachrichten-aus-den-innenwelten-des-kapitalismus_41174, veröffentlicht am 15.12.2011. Buch-Nr.: 41174 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken