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Petra Ramsauer

Muslimbrüder. Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk

Wien: Molden Verlag 2014; 208 S.; 19,99 €; ISBN 978-3-85485-329-9
Die Muslimbruderschaft ist als politischer Faktor im Zusammenhang mit den jüngeren Umwälzungen in Ägypten, Libyen oder Syrien medial auch im Westen in Erscheinung getreten. Das bedeutet indes nicht, dass damit auch ein detaillierteres Wissen über dieses Netzwerk einhergeht. Petra Ramsauer schließt mit ihrem Band diese Wissenslücke, indem sie einen differenzierten, selbst recherchierten Einblick in die weltweit in über 79 Ländern operierende „islamistische Internationale“ (139) ermöglicht. Die politische Entwicklung des bereits 1928 in Ägypten gegründeten Netzwerks, dem zu einem signifikanten Anteil auch Frauen angehören, befindet sich gegenwärtig, so Ramsauers These, an einem heiklen Punkt: „Die Muslimbruderschaft ist […] derzeit an einer zentralen Weggabelung zwischen Radikalisierung und Modernisierung angelangt. In welche Richtung sie sich entwickeln wird, ist eine Weichenstellung von globaler Bedeutung.“ (7 f.) Dass die Zukunft der Muslimbruderschaft für die westliche, gerade auch für die europäische Politik gegenüber den Ländern des südlichen und östlichen Mittelmeerraumes von besonderer Bedeutung ist, steht für Ramsauer außer Frage. Je mehr die „mächtigste Bewegung des politischen Islam“ (31) etwa in Ägypten durch Repression marginalisiert werde, desto mehr entfremde sie sich gleichsam auch von der Demokratie. Das sei problematisch, zumal die Trennlinien zwischen radikalen Islamisten und Befürwortern der Demokratie in der Region ohnehin schwammig und für Außenstehende schwer zu ziehen seien. Andererseits habe die vielfach von der Bewegung selbst praktizierte „Geheimniskrämerei“ (188) einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass auch im Jahre 2014 aus westlicher Perspektive immer noch zu konzedieren sei: „Das Netzwerk ist nicht zu verstehen.“ (197) Hat Europa, hat der Westen ein mehr als nur vorgebliches Interesse an einer nachhaltigen Demokratisierung des östlichen und südlichen Mittelmeerraumes, dann ist dieser Status quo unbedingt zu verändern. Hierzu liefert Ramsauers Buch einen wichtigen Beitrag, der zudem durch seine verständliche, klare Sprache auch jenseits wissenschaftlicher Fachzirkel Leser_innen ansprechen dürfte.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.252.222.634.452.672.61 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Petra Ramsauer: Muslimbrüder. Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37206-muslimbrueder_45485, veröffentlicht am 19.06.2014. Buch-Nr.: 45485 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken