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Susan Neiman

Moralische Klarheit für erwachsene Idealisten. Hrsg. von Julian Nida-Rümelin und Wolfgang Thierse mit Olaf Scholz und Volker Gerhardt

Essen: Klartext 2011 (Philosophie und Politik XI; Kultur in der Diskussion 16); 71 S.; brosch., 8,95 €; ISBN 978-3-8375-0484-2
Das Kulturforum der Sozialdemokratie legt mit diesem Band seinen elften Tagungsbericht aus der Reihe „Philosophy meets Politics“ vor. Die Tagungsreihe basiert auf der Idee, eine Möglichkeit zur notwendigen Auseinandersetzung der Politik mit philosophischen Fragen zu bieten, denn „Politik muss weiterdenken als daran, was in den nächsten Tagen ansteht“ (7). Im November 2010 war Susan Neiman für einen philosophischen Beitrag nach Berlin eingeladen. Sie hebt in ihrem Vortrag Kants Schriften zur Moral hervor und versucht die Werte der Aufklärung für die heutige Zeit fruchtbar zu machen. Besonders wichtig sind ihr dabei Internationalismus, Glück, Vernunft, Ehrfurcht und Hoffnung. Auch wenn die idealistischen Gedanken der Aufklärer (allen voran Kant) nicht in jeder Situation reale Umsetzung erfahren, schmälere dies nicht ihre Existenz: „Ideale sind nicht daran messbar, ob sie der Realität entsprechen; die Realität wird danach beurteilt, inwieweit sie den Idealen gerecht wird. Aufgabe der Vernunft ist es sicherzustellen, dass die Erfahrung nicht das letzte Wort hat – und sie soll uns dazu antreiben, den Horizont unserer Erfahrung zu erweitern, indem sie uns Ideen liefert, denen die Erfahrung gehorchen soll“ (18). Das Erkennen und Akzeptieren genau jener Unvollkommenheit des Idealismus ist laut Neiman alles andere als leicht und schon gar nicht bequem, wie es Realisten gern unterstellten. Es gelte, moralische Werte in das Verstehen- und Verändernwollen einzubeziehen. Olaf Scholz als Sprecher für die politische Seite greift in seiner Antwort viele Aspekte der Philosophin auf. Die größte Gefahr für eine wertgebundene Politik sieht Scholz im sich immer mehr durchsetzenden Zynismus. Um diesem zu begegnen, reicht es nach Ansicht von Scholz nicht aus, angstfrei zu den moralischen Werten zu stehen, sondern es muss auch diesen entsprechend gehandelt werden. Mit seinen sozialdemokratischen Vorschlägen zur „pragmatischen Weltverbesserung“ (31) ergänzt er Neimans philosophische Ausführungen um die politisch-handelnde Dimension.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.35 | 2.331 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Susan Neiman: Moralische Klarheit für erwachsene Idealisten. Essen: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33871-moralische-klarheit-fuer-erwachsene-idealisten_40584, veröffentlicht am 16.06.2011. Buch-Nr.: 40584 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken