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Ciro Krauthausen

Moderne Gewalten. Organisierte Kriminalität in Kolumbien und Italien

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2013 (Mikropolitik der Gewalt 8); XX, 354 S.; 2., erw. Aufl.; kart., 29,90 €; ISBN 978-3-593-39874-7
Diss. FU Berlin. – „Handlungsräume für die Entfaltung der organisierten Kriminalität [entstehen] regelmäßig dort, wo es zu einer symbiotischen Wechselbeziehung zwischen der Gesellschaft und den kriminellen Verbänden komm[t]“ (IX), schreibt der Journalist und Soziologe Ciro Krauthausen, der sich in dieser Studie (die erste Fassung erschien 1997) vergleichend mit den mafiösen Systemen in Süditalien und Kolumbien befasst. Er schlüsselt die Handlungsketten von Macht und Gewalt auf, wobei zwischen Macht und Markt als handlungsbestimmende Leitprinzipien krimineller Organisationen unterschieden wird. Das Machtprinzip wird durch die italienische Mafia verkörpert und der kolumbianische Drogenhandel dem Marktprinzip zugeordnet. Krauthausen sieht allerdings durchaus phasenbedingte Überschneidungen und partielle Übergänge zwischen beiden Strukturprinzipien, deren jeweils prägende Kraft als solche jedoch unberührt bleibe. Die Unterscheidung soll deutlich machen, dass illegalen Verbänden nicht ein einheitliches, durch ihr Operieren im Untergrund diktiertes Organisationsprinzip zugrunde liegt, sondern ihr Aufbau je nach Zielsetzung und dadurch bedingtem Aktionsfeld variiert. Das Machtprinzip fungiert als Kürzel für die Erpressung von Geldern für den Schutz vor angeblichen oder tatsächlich drohenden Gefahren. Auf der Durchsetzung von Macht basierende Mafiaorganisationen breiten sich dort aus, wo die obrigkeitlichen Strukturen nur schwach ausgeprägt sind. Beispielhaft dargestellt wird, wie italienische Mafia‑Gruppen den Drogenhandel organisieren und dabei eine labile Zusammenarbeit mit südamerikanischen Kartellen eingehen. Auf dem geschlossenen Markt treten damit neue Akteure auf, die sich an klassischen Marktprinzipien orientieren und von ihnen leiten lassen. Das Marktgeschehen wird neu geprägt und verändert – und damit auch die bisherige Struktur der kriminellen Organisationen. Aufschlussreich an dem gelungenen Vergleich ist, dass nicht nur das Nebeneinander der kriminellen Gruppierungen aufgezeigt wird, sondern auch deren Überschneidungen und Kooperationen illustriert werden. So also ist ein Buch entstanden, das nicht nur für Kenner des mafiösen Genres viel Interessantes und Neues bietet. Insgesamt handelt es sich um ein aufwendiges und durch die vielfältige Hintergrundarbeit genau recherchiertes und gut lesbares Werk.
Vincent Wolff (VW)
Student der Politikwissenschaft, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie, Universität Bonn.
Rubrizierung: 2.2 | 2.65 | 2.61 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Vincent Wolff, Rezension zu: Ciro Krauthausen: Moderne Gewalten. Frankfurt a. M./New York: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35871-moderne-gewalten_43791, veröffentlicht am 27.06.2013. Buch-Nr.: 43791 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken