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Ulrich Völklein

"Mitleid war von niemand zu erwarten". Das Schicksal der deutschen Vertriebenen

München: Droemer 2005; 368 S.; geb., 19,90 €; ISBN 3-426-27340-3
„Nichts steht für sich und schon gar nicht für sich allein.“ (9) Deshalb stellt der Publizist Völklein den Lebensberichten Vertriebener ein Kapitel voran, in dem er zusammenfasst, warum die Deutschen bei Kriegsende aus ihrer Heimat östlich der Oder und aus Böhmen vertrieben wurden. In diesen geschichtlichen Kontext eingebettet, erscheint das Leiden der Vertriebenen als – keineswegs zwangsläufige und von den Alliierten in anderer Weise verabredete – Fortsetzung des Krieges gegen diesmal die deutsche (und nicht wie zuvor gegen u. a. die polnische, tschechische und sowjetische) Zivilbevölkerung. Die Vertriebenen, deren Berichte teils Anfang der Fünfzigerjahre im Lastenausgleichsarchiv der Bundesrepublik dokumentiert wurden, teils auf Interviews des Autors zurückgehen, erzählen aber nicht nur von ihrem Leid während der Flucht und von der Brutalität derjenigen, die sie auf den Weg nach Westen zwangen. In der SBZ und in den westlichen Besatzungszonen wurden die Flüchtlinge oftmals von den Einheimischen in einer Art abgelehnt, die sich nur als seelische Grausamkeit bezeichnen lässt. Vielleicht sollte man Völkleins Buch deshalb auch nicht nur als einen Beitrag zur Oral History der deutschen Nachkriegszeit lesen, sondern auch im Hinblick auf Gegenwart und Zukunft – denn ein Einwanderungsland ist Deutschland seitdem geblieben.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.352.3132.314 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Ulrich Völklein: "Mitleid war von niemand zu erwarten" München: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23376-mitleid-war-von-niemand-zu-erwarten_26812, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 26812 Rezension drucken