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Helmut R. Hammerich / Rudolf J. Schlaffer (Hrsg.)

Militärische Aufbaugenerationen der Bundeswehr 1955 bis 1970. Ausgewählte Biografien. Hrsg. im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes

München: R. Oldenbourg Verlag 2011 (Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland 10); VIII, 469 S.; geb., 34,80 €; ISBN 978-3-486-70436-5
Weckt das Vorwort von Oberst Mack, Amtschef des MGFA Potsdam, zunächst die Befürchtung, hier liege eine Hagiografie der Bundeswehrgründergeneration vor, so zeigt sich, dass die Autoren dieses Buches einen bedeutenden Beitrag zur Zeitgeschichte der Bundesrepublik, aber auch des Nationalsozialismus und seiner Aufarbeitung leisten. Es handelt sich nicht um einen der üblichen Sammelbände, sondern um ein Gemeinschaftswerk aus einem Guss. Konzeptionell verbindet der Band historische Militärsoziologie mit Biografieforschung und Generationengeschichte. Die Materialbasis bildet ein Bestand von Personenakten im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, der unter Wahrung der Personenschutzbestimmungen für die Forschung erschlossen werden konnte. Neben der militärischen Elite (Generäle) werden gleichermaßen die übrigen Hierarchiestufen berücksichtigt. Ausgehend von den Grundwehrdienstleistenden und Mannschaftsdienstgraden über Unteroffiziere, Truppen- und Stabsoffiziere wird die gesamte Untergebenen-, untere und mittlere Führungsebene mit in die Untersuchung einbezogen. Die meisten Autoren schreiben Personen-Fallstudien, wobei Heinz und Hammerich jeweils zwei Stabsoffiziere vergleichen; auf der untersten Ebene unternimmt Barbara Stambolis die Analyse eines Geburtsjahrgangs (1943) und Malte Thießen eine Gruppenbiografie der Gefreiten auf einem Zerstörer der Bundesmarine. Der Karriereverlauf stellt sich auf der mittleren Führungsebene auffallend häufig als Scheitern dar, das bis zum Suizidversuch führen konnte. Ein anderer wichtiger Aspekt ist das Verhältnis zum Nationalsozialismus, auch und gerade bei den fronterfahrenen Offizieren, die oft nachhaltig traumatisiert waren. Loretana de Libero zeichnet nach, wie sich die Einbeziehung des militärischen Widerstands in die Tradition der Bundeswehr nicht bloß als Sache der Traditionserlasse, sondern auch als eine ganz persönliche Aneignungsleistung vollzog. Für das Schlusskapitel keinen weiteren Fachkollegen, sondern die historisch interessierte Psychoanalytikerin Elke Horn heranzuziehen, war eine weitere mutige Entscheidung der Herausgeber.
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 2.324 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Helmut R. Hammerich / Rudolf J. Schlaffer (Hrsg.): Militärische Aufbaugenerationen der Bundeswehr 1955 bis 1970. München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33811-militaerische-aufbaugenerationen-der-bundeswehr-1955-bis-1970_40509, veröffentlicht am 09.06.2011. Buch-Nr.: 40509 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken