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Hartmut Tölle / Patrick Schreiner (Hrsg.)

Migration und Arbeit in Europa

Köln: PapyRossa Verlag 2014; 229 S.; 14,90 €; ISBN 978-3-89438-550-7
„Unseres Erachtens ist Migration als Normalzustand menschlicher Gesellschaften zu verstehen“ (7), leiten die Herausgeber Hartmut Tölle und Patrick Schreiner in diesen Band ein, der als Beitrag zur aktuellen Diskussion um Migration und Arbeit in Europa verstanden werden soll. Da Migration heute und in historischer Perspektive der Normalzustand war und ist, sollte nach Ansicht der Herausgeber das heute in Deutschland und Europa dazu bestehende rechtliche Instrumentarium angepasst werden. Der Band gliedert sich in einen allgemeinen Teil über Aspekte der Migrationspolitik und der Arbeitsmigration in Europa und einen Teil mit Einzelbeiträgen über spezifische Migrationsprozesse einzelner Nationalitäten oder Berufsgruppen. Die Herausgeber sind leitende Mitglieder des DGB‑Bezirks Niedersachsen‑Bremen‑Sachsen‑Anhalt, die Autoren sind neben Forschern Vertreter von Gewerkschaften oder NGOs wie Pro Asyl. Dietrich Thränhardt beleuchtet beispielsweise die innereuropäische Migration nach Deutschland und zeigt dabei die unterschiedliche Wahrnehmung hochqualifizierter südeuropäischer Akademiker und gering qualifizierten rumänischen und bulgarischen Migranten in Presse und Politik. Kirsten Hoesch erörtert die rechtlichen Möglichkeiten einer Vergemeinschaftung von Arbeitsmigrationspolitik auf EU‑Ebene und argumentiert, diese Maßnahme würde eine weniger restriktive Asyl‑ und Flüchtlingspolitik erforderlich machen. Michael Sommer skizziert die Entwicklung des deutschen und EU‑Zuwanderungsrechts mit einem Schwerpunkt auf der „EU Blue Card“. Er fordert einen Rechtsanspruch auf Integrationssprachkurse für EU‑Bürger und bessere Möglichkeiten zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Matthias Brümmer, Jochen Empen und Gero Lüers schildern die Arbeitsbedingungen mobiler Beschäftigter (Saisonarbeitskräfte, Pflegekräfte, Beschäftigte in grenzüberschreitender Leiharbeit) aus Osteuropa. Vielen werden trotz zahlreicher Überstunden Tausende Euro Gehalt vorenthalten und sie genießen wegen ihres Status als Werkvertragsnehmer keinen arbeitsrechtlichen Schutz. Insgesamt lassen sich aus dem Band eine grundsätzliche Forderung nach erleichterten Bedingungen zur Einwanderung qualifizierter Fachkräfte, zur Anerkennung ihrer Abschlüsse, teils auch zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und nach einer Regelung der Materie auf EU‑Ebene herauslesen, Forderungen nach einem besseren arbeitsrechtlichen Schutz werden deutlich. Einige Beiträge haben eher appellativen Charakter an die Bundesregierung, als dass sie zum Forschungsstand beizutragen beabsichtigen. Trotz des Anspruchs, unterschiedliche Perspektiven aufzunehmen, kommen Vertreter der Bundesregierung, der Regierungsparteien oder der Arbeitgeberverbände nicht zu Wort. Dennoch liefert der Band ein umfassendes Bild über die Situation von Arbeitsmigranten in Europa und seine verschiedenen Autoren sind sich einig in ihren Forderungen, diese zu verbessern.
Maria Grazia Martino (MAR)
Dr., Politikwissenschaftlerin, FU Berlin.
Rubrizierung: 3.5 | 4.42 | 2.61 | 2.262 | 2.342 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Maria Grazia Martino, Rezension zu: Hartmut Tölle / Patrick Schreiner (Hrsg.): Migration und Arbeit in Europa Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37393-migration-und-arbeit-in-europa_45925, veröffentlicht am 07.08.2014. Buch-Nr.: 45925 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken