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Daniela Ringkamp

Menschenrechte zwischen moralischer Begründung und politischer Verwirklichung. Eine Neubetrachtung der Adressierung von Menschenrechtspflichten

Münster: mentis 2015; 257 S.; kart., 42,- €; ISBN 978-3-89785-846-6
Diss. Paderborn; Begutachtung: R. Hagengruber, V. Peckhaus. – Daniela Ringkamp geht in ihrer Studie auf den schon nachgerade als klassisch zu bezeichnenden Umstand ein, dass zwischen der moralischen Begründung und der tatsächlichen Implementierung von Menschenrechten global betrachtet eine große Lücke klafft. Für die Um‑ und Durchsetzung von Menschenrechten sind – darin bezieht sich die Autorin auf das institutionelle Verständnis von Menschrechten nach Thomas Pogge – die Staaten und ihre Institutionen verantwortlich. Menschenrechtsverletzungen verweisen demzufolge immer auf ein institutionelles staatliches Versagen. Das allerdings sei, so Ringkamps Kritik, zu eindimensional gedacht: „Die vorliegende Arbeit wird die von Pogge betonte ausschließliche Adressierung von Menschenrechtsansprüchen an Institutionen in Frage stellen [...]. Stattdessen argumentiert sie dafür, in bestimmter Hinsicht auch einzelne Individuen ohne Bezug zu öffentlichen Institutionen als Adressaten von Menschenrechtsansprüchen zu verstehen.“ (12) Ohne die Rolle des Staates bei Verletzungen elementarer Menschenrechte zu gering zu gewichten, geht es darum, dass auch einzelnen Individuen eine Pflicht zum Schutz dieser Rechte auferlegt oder eben deren Verletzung vorgeworfen werden kann. Im Zuge einer breit angelegten Theoriediskussion, die von der Darstellung und kritischen Auseinandersetzung mit den Positionen von Immanuel Kant über jene von John Rawls bis hin zu denen Michael Ignatieffs reicht, kommt Ringkamp zu dem Schluss, dass das „‚interactional understanding‘ bei der Frage der Adressierung von Menschenrechtsansprüchen stärker zu berücksichtigen“ (236) sei. Denn gerade vor dem Hintergrund einer demokratisch verfassten Staatlichkeit reiche es nicht aus, Menschenrechte bloß in ihrer rechtlichen Dimension, also als vorpolitische, nicht verhandelbare Entitäten zu begreifen. Werden Menschenrechte als politische Ansprüche verhandelt, dann resultiere daraus nicht nur eine wechselseitige politische wie moralische Verpflichtung der verantwortlich handelnden Individuen, sondern eben auch die Möglichkeit, diese für die Verletzung ihrer Verantwortung zur Rechenschaft zu ziehen. Einen solchen, wenn auch schwachen methodologischen Individualismus in der institutionellen Menschenrechtskonzeption Thomas Pogges zu stärken, ist das Anliegen dieser politisch‑philosophisch akzentuierten Arbeit.
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Rubrizierung: 4.42 | 5.46 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Daniela Ringkamp: Menschenrechte zwischen moralischer Begründung und politischer Verwirklichung. Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38471-menschenrechte-zwischen-moralischer-begruendung-und-politischer-verwirklichung_46768, veröffentlicht am 28.05.2015. Buch-Nr.: 46768 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken