Skip to main content
Michail Chodorkowski

Meine Mitgefangenen. Aus dem Russischen übersetzt von Vlada Philipp und Anselm Bühling

Berlin: Galiani 2014; 107 S.; geb., 17,50 €; ISBN 978-3-86971-089-1
So wie die Literatur über den Gulag die wahre Geschichte der Sowjetunion erzählt, spiegeln auch Michail Chodorkowskis biografische Miniaturen über Mitgefangene die Zustände im heutigen Russland. Der Unternehmer Chodorkowski war zehn Jahre lang wegen Steuerhinterziehung und Betrug inhaftiert, 2013 wurde er amnestiert. Seine Inhaftierung ist vielfach als politisch motiviert beschrieben worden, da Chodorkowski öffentlich mit Putin in Streit geraten war und Oppositionsparteien unterstützt hatte. In diesem Band aber geht es nicht um ihn selbst, sondern um Männer, die er in der Haft getroffen hat – Ermittlungsbeamte und vor allem Mitgefangene, die hier im Mittelpunkt stehen. Mit ihren Schicksalen erhellen sich einige der sozialen Probleme Russlands (Drogenbesitz und ‑handel, Alkoholmissbrauch und damit einhergehende Gewalt und Verwahrlosung) ebenso wie die menschenunwürdigen Zustände in den Gefängnissen und Lagern. Die Arbeit der Behörden zeigt sich in diesen Schilderungen als willkürlich und an eigenen Interessen orientiert, für ihre Erfolgsquote wälzen Beamte demnach Delikte immer wieder auf anderweitig Beschuldigte ab. Die Urteile werden dann willkürlich gefällt und genügen keinen rechtsstaatlichen Kriterien. Für Chodorkowski haben in den Medien verbreitete Formulierungen wie „‚Es wurde ein Strafverfahren eingeleitet‘ oder ‚die Untersuchung hat ergeben‘“ (68) nur noch einen hohlen Klang.
{NW}
Rubrizierung: 2.12.622.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Michail Chodorkowski: Meine Mitgefangenen. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37887-meine-mitgefangenen_46137, veröffentlicht am 11.12.2014. Buch-Nr.: 46137 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken