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Otfried Jarren / Matthias Künzler / Manuel Puppis (Hrsg.)

Medienwandel oder Medienkrise? Folgen für Medienstrukturen und ihre Erforschung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2012 (Medienstrukturen 1); 229 S.; 34,- €; ISBN 978-3-8329-6664-5
Die unabhängigen Medien als sogenannte vierte Gewalt sind unverzichtbarer Bestandteil der repräsentativen Demokratie. Insofern ist Medienpolitik – einer der Schwerpunkte dieses Sammelbandes – für eine Bestandsaufnahme unserer Demokratie von Interesse, noch dazu dann, wenn sich die Medienbranche in einem grundlegenden Umbruch befindet. Dieser wurde in nicht unerheblichem Maße – wie Klaus-Dieter Altmeppen zeigt – durch Ökonomisierungsprozesse ausgelöst, die verschiedenste Medienformate – angefangen von Tageszeitungen bis hin zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk – unter existenziellen Druck gesetzt haben. Dass, wie die Herausgeber in ihrem einleitenden Beitrag betonen, die von den Medien repräsentierte kulturelle Vielfalt einer zunehmenden Konkurrenz um knappe finanzielle Ressourcen ausgesetzt ist, erscheint als ein ebenso plausibler wie beunruhigender Befund. Denn wenn die Medienvielfalt nur über den Umweg der Ressourcenkonkurrenz überhaupt ausgetragen werden kann, dann bleibt die Vielfalt in einem solchen Ausleseprozess als Erste auf der Strecke. Teilt man mit den Autoren und Autorinnen des Bandes die Ansicht, dass eine vielfältige Berichterstattung jedoch Ausdruck der bestehenden sozialen, politischen und kulturellen Identitäten einer Demokratie ist und darüber hinaus eine wichtige Kontrollfunktion erfüllt, dann stellt sich die Frage, welche Handlungsalternativen bleiben. Was Christoph Neuberger in diesem Zusammenhang – „Journalismus ist kein Geschäftsmodell“ (47) – unter dem Stichwort „Bürgerjournalismus“ (53 ff.) präsentiert, fällt eher ernüchternd aus. Zwar ist die Datenlage noch dünn, jedoch lässt sich mit Blick auf einige Fallbeispiele in den USA zeigen, dass Bürgerjournalisten, die hauptsächlich im Internet über ihre Stadt berichten, nur unter Anleitung von professionellen Journalisten in der Lage sein dürften, eine brauchbare Ergänzung zu einer professionell (im journalistisch-ethischen, nicht im ökonomischen Sinn) gemachten Tageszeitung zu bieten. Was bleibt, sind Rufe nach mehr Regulierung im Medienbereich, und zwar auf europäischer Ebene, wie die Beiträge im dritten Teil des Bandes zeigen. Dass Regulierung kein Allheilmittel ist, wird dabei genauso deutlich, wie der Band auch deutlich macht, dass eine durchgängige Ökonomisierung der Medien ein ebenso wenig zukunftsfähiges Modell sein dürfte.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.22 | 2.333 | 2.5 | 2.64 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Otfried Jarren / Matthias Künzler / Manuel Puppis (Hrsg.): Medienwandel oder Medienkrise? Baden-Baden: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35435-medienwandel-oder-medienkrise_42712, veröffentlicht am 13.09.2012. Buch-Nr.: 42712 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken