Skip to main content
Michael Lohmann

Medienorientierung und innerparteiliche Machtkämpfe. Gründe und Verläufe innerparteilicher Machtkämpfe am Beispiel der unerwarteten Kampfkandidatur um den Parteivorsitz auf dem Mannheimer SPD-Parteitag 1995

Online-Publikation 2014 (https://publishup.uni-potsdam.de/opus4-ubp/frontdoor/index/index/docId/6892); VI, 438 S.
Diss. Potsdam; Begutachtung: E. Stölting, R. Paris. – Macht‑ und Grabenkämpfe in politischen Parteien sind kein Kindergeburtstag. Diese Einsicht gilt in besonderem Maße für den Mannheimer Parteitag der SPD im Jahre 1995. Mannheim – eigentlich zur Bestätigung und politischen Festigung der Position des Parteichefs Rudolf Scharping geplant – war für die deutsche Sozialdemokratie insofern ein Novum, als es zu einer unerwarteten und noch dazu erfolgreichen Kampfkandidatur um den Parteivorsitz kam, mit bekanntem Ausgang: Amtsinhaber Scharping, viel kritisiert, umstritten und in diversen Auseinandersetzungen aufgerieben, wurde von seinem Stellvertreter Oskar Lafontaine abgelöst. Einen solchen Wechsel im höchsten Amt der Partei hatte es bis dahin nicht gegeben. Michael Lohmann geht vor diesem Hintergrund der Frage nach, „wie sich ein umstrittener und von vielen Mitgliedern längst abgelehnter Amtsinhaber auch gegen den Mitgliederwillen im Amt halten kann“ (1) – oder, wie es im vorliegenden Fall heißen müsste: hätte halten können. Im Zuge einer detaillierten Rekonstruktion der für den Parteitag maßgeblichen Personenkonstellationen und der daraus folgenden Handlungs‑ und Interessenkonflikte, die Lohmann auf den öffentlich zugänglichen Dokumenten des Parteitags, aber auch auf Biografien maßgeblicher Teilnehmer und auf fünf Interviews mit Beteiligten gründet, entsteht letztlich ein verallgemeinerungsfähiges Bild. Spitzenfunktionäre und Parteitagsdelegierte, so Lohmann, seien letztlich bei der Inszenierung einer geschlossenen und damit handlungsstarken Partei aufeinander angewiesen. Ein amtierender Parteivorsitzender sei in dieser Konstellation insofern im Nachteil, als er bei ausbleibender Unterstützung oder im Falle der Herausforderung im Rahmen einer Kampfkandidatur nur reagieren könne und ein Image korrigieren müsse, das aufgrund der Umstände – mangelnde politische Unterstützung und fehlende Geschlossenheit – schlechterdings kaum noch zu korrigieren sei. So bleibe aus Sicht der Parteiführung nur, auf die gute Dramaturgie des Parteitages zu vertrauen – und auf die Selbstdisziplinierung etwaiger Gegner, die genauso politisch Schaden nehmen können, wenn sie kandidieren. Das allerdings wusste schon Hannah Arendt: Politische Macht lässt sich nicht erzwingen und gute politische Führung mitsamt dem damit verbundenen Anspruch auf ein Amt ebenso wenig.
{LEM}
Rubrizierung: 2.331 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Michael Lohmann: Medienorientierung und innerparteiliche Machtkämpfe. 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39433-medienorientierung-und-innerparteiliche-machtkaempfe_47329, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47329 Rezension drucken