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Andreas Hetzer

Medien als Akteure in der politischen Transition. Bolivien im Autonomiekonflikt

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Medienstrukturen 9); 422 S.; 79,- €; ISBN 978-3-8487-2417-8
Diss. phil. Siegen; Begutachtung: S. Baringhorst, D. Hoffmann. – Welche Rolle spielen die Medien beim Übergang einer Autokratie zu einer demokratischen Ordnung? Dieser Frage nimmt sich Andreas Hetzer in einer Länderstudie über Bolivien an. Vor Jahren als „‚Modellland für […] demokratische Entwicklung‘“ (20) gelobt, ist es nach Ansicht des Autors heute ein „Regime‑Hybrid“ (183). Anhand Bourdieus Feldtheorie arbeitet sich Hetzer von einer Diagnose des politischen und medialen Systems zu den spezifischen Veränderungen in den vergangenen 15 Jahren vor. Besondere Berücksichtigung findet dabei das Verhältnis zwischen politischem System und Journalismus. Obwohl sich ersteres seit der Machtübernahme durch Evo Morales grundlegend gewandelt hat, ist das Mediensystem weitgehend stabil geblieben. Es findet keine staatliche Zensur oder Repression gegen Journalist_innen statt, von einem finanziell unabhängigen und inklusiven System kann nach Ansicht Hetzers allerdings kaum gesprochen werden. Gründe werden in der engen Verbindung des journalistischen Feldes zur ökonomischen Elite und der regionalen Verwurzelung der Medienunternehmen gesehen. Dies wird anhand der medialen Darstellung des nationalen Konflikts um die Autonomiebestrebungen einzelner Provinzen veranschaulicht. Hier wird deutlich, dass die Presse nicht in der Lage ist, die konträren Positionen des Diskurses „zu zivilisieren und zu institutionalisieren“ (28), indem sie subalterne Interessen artikuliert und Hintergrundinformationen liefert. Weil so nur ein „Zerrbild gesellschaftlicher Realität“ (376) erzeugt wird, tragen die Medien – so das Fazit – mehr zum Erhalt des Status quo als zum demokratischen Übergang bei. Durch die Verbindung der Feldtheorie mit einer inhaltlichen Analyse des politischen Konfliktes gelingt es, die spezifischen Charakteristiken des Medienregimes in Bolivien und seine Wechselbeziehungen zur Politik aufzuzeigen. Damit wird die in der Transitions‑ und Demokratieforschung allzu häufig verwendete Blaupause westlicher Staats‑ und Medienstrukturen vermieden, die der Situation in Entwicklungsländern selten gerecht wird.
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Rubrizierung: 2.652.222.2 Empfohlene Zitierweise: Sven-Jacob Sieg, Rezension zu: Andreas Hetzer: Medien als Akteure in der politischen Transition. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39385-medien-als-akteure-in-der-politischen-transition_47849, veröffentlicht am 11.02.2016. Buch-Nr.: 47849 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken