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Michael Quante / David P. Schweikard (Hrsg.), unter Mitarbeit von Matthias Hoesch

Marx-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung

Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler 2016; IX, 443 S.; geb., 49,95 €; ISBN 978-3-476-02332-2
Das in der bewährten Handbuch‑Reihe des Metzler‑Verlages erschienene Nachschlagewerk zu Leben, Werk und Wirkung von Karl Marx kommt zur rechten Zeit, denn dessen 200. Geburtstag 2018 ist nicht mehr weit. Prägnant präsentiert werden die wichtigsten Lebensstationen, seine Werke, die darin enthaltenen Grundbegriffe und Konzeptionen und seine Rezeption. Dass angesichts eines Werks von mehreren Tausend Seiten und einer Wirkungsgeschichte von gut 175 Jahren dabei einiges ausgelassen werden muss, versteht sich. Die Vorstellung des „Manifests der Kommunistischen Partei“ (1848) – auf die hier exemplarisch für die Werksübersichten verwiesen sei – folgt einem dreiteiligen Schema. Nach zwei einleitenden Absätzen, die das Werk historisch‑genetisch einordnen, folgt die systematisch‑chronologische Besprechung der Inhalte, die eher deskriptiv gehalten ist. Abgeschlossen wird die Darstellung durch den Versuch einer grundlegenden Einordnung des Textes in den Werkskontext: Die Unausweichlichkeit fundamentaler gesellschaftlicher Transformation werde hier ebenso begründet wie die klassentheoretisch gerahmte Emanzipationserzählung des Kommunismus. Ergänzend zum revolutionsbejahenden Duktus des Manifests – alle Geschichte ist eine Geschichte von Klassenkämpfen – findet sich im Artikel „Revolution“ (253) eine entsprechende definitorische Grundlegung. Im Begriff der Revolution als einem grundlegenden, von den handelnden Akteuren bewusst gestalteten sozialen und politischen Transformationsprozess treffen sich demnach im Marxismus historische Beschreibung und Projektion. Bei Marx verschmelzen darin „eine historische und eine politische, eine deskriptive und eine präskriptive, eine analytische und eine normative Dimension sowie auch das Ereignis‑ als auch das Prozesshafte sozialer und politischer Umbrüche“ (253). Und auch Marx‘ Kritiker finden Platz im Band, einer der schärfsten unter ihnen war zweifelsohne Karl R. Popper. Dessen Kritik habe sich, so ist im Artikel über den „Kritischen Rationalismus“ (362) nachzulesen, im Wesentlichen an der von Marx entwickelten Geschichtsteleologie entzündet, einer Form historischer Prognose, die heuristisch nicht statthaft und politisch missbräuchlich sei. Dass am Ende des Bandes unter dem Stichwort „Realisierungsversuche“ ausgerechnet die Namen Lenin und Mao fallen, nicht aber etwa Bernstein oder Blum, ist mehr als nur ärgerlich. Denn Bernsteins Revisionismus und seine Öffnung marxistischen Denkens hin zur (Sozial‑)Demokratie gründet auf dem gleichen ideengeschichtlichen Fundus wie die Lehre Lenins, die – über die Perfektionierung bei Stalin – direkt in den Gulag führte. Vielleicht liegt in dieser Ambivalenz des Marx‘schen Werkes auch ein Grund für die weiterhin bestehende Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit seinem Denken. Der darin enthaltene Apell für mehr substanzielle Gerechtigkeit, unlängst von Thomas Piketty aufgegriffen, ist ohnedies gegenwärtig virulent.
{LEM}
Rubrizierung: 5.33 | 5.1 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Michael Quante / David P. Schweikard (Hrsg.), unter Mitarbeit von Matthias Hoesch: Marx-Handbuch. Stuttgart/Weimar: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39502-marx-handbuch_46275, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 46275 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken