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Oliver Nachtwey

Marktsozialdemokratie. Die Transformation von SPD und Labour Party

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009 (Göttinger Studien zur Parteienforschung); 335 S.; brosch., 34,90 €; ISBN 978-3-531-16805-0
Diss. Göttingen; Gutachter: S. Lessenich, F. Walter. – Aus historisch-vergleichender Perspektive analysiert der Autor den programmatischen Wandel von SPD und Labour Party. Nach der Darstellung der vorkeynesianischen und keynesianischen Epoche bildet die Beschreibung der vonseiten ihrer Betreiber mit dem Begriff „Dritter Weg“ bezeichneten jüngsten Transformationsphase den inhaltlichen Schwerpunkt des Buches. Zur Kennzeichnung der damit verbundenen Wandlungsprozesse führt der Autor den Begriff „Marktsozialdemokratie“ ein. Anhand von Nachtweys treffender Definition dieses Begriffs wird deutlich, warum der Wandel der beiden sozialdemokratischen Parteien zu ähnlichen Entwicklungen hinsichtlich ihrer Repräsentationsleistung und gesellschaftlichen Bindungsfähigkeit geführt hat: „Die Politik der Marktsozialdemokratie sieht einen radikalen Umbau der Wohlfahrtsstaaten vor, der die sozialen Staatsbürgerrechte neu definiert (d. h. in der Regel konditionalisiert), den Bezug von sozialen Sicherungsleistungen im Allgemeinen einschränkt und die allgemeine Kommodifizierung der Bevölkerung vorantreibt. Sozial ist, was ökonomisch sinnvoll ist. Die Marktsozialdemokratie hat ihren Begriff sozialer Gerechtigkeit verändert. Dies setzte sich auch in unterschiedlichen Politikzielen um. Ein soziales Minimum und Marktteilhabe stehen hier im Vordergrund“ (266 f.). Aus der Perspektive der Parteienforschung beleuchtet Nachtwey kritisch jene Aspekte, die vonseiten der Kritiker des Neoliberalismus zwar auch genannt, dann aber eher allgemein, also prinzipiell eliten- und kapitalismuskritisch beleuchtet werden. Demnach hängt die eingetretene Legitimationskrise der Marktsozialdemokratie entscheidend mit der Konstruktion vermeintlicher Sachzwänge und der symbolischen Delegitimierung wohlfahrtsstaatlicher Politiken zusammen. Gerne hätte man zwar etwas mehr über die Kontextbedingungen und auslösenden Variablen des Wandels erfahren. Alleine die deskriptive und im Ergebnis argumentativ-ideologiekritische Leistung der Arbeit begründet jedoch schon den Eigenwert des Buches. Die Publikation ist streitbar im besten Sinn.
Markus Linden (LIN)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
Rubrizierung: 2.22 | 2.331 Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Oliver Nachtwey: Marktsozialdemokratie. Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31306-marktsozialdemokratie_37254, veröffentlicht am 11.11.2009. Buch-Nr.: 37254 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken