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Bernd Oberdorfer / Peter Waldmann (Hrsg.)

Machtfaktor Religion. Formen religiöser Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2012; VIII, 264 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-412-20826-4
Die Tagung „Geistliche in Machtpositionen und als Machtberater“ von 2008 wird in diesem Band dokumentiert und zudem erweitert sowie vor allem durch zwei systematisch angelegte Beiträge der Herausgeber für weiterführende Diskurse geöffnet. Einleitend streicht Oberdorfer heraus, dass (insbesondere monotheistische) Religionen sich in einer dialektischen „Spannung von Weltdistanz und Weltorientierung“ (4) befinden, indem sie einerseits mit ihrer Botschaft über die Welt hinausweisen, andererseits sowohl moralisch wie seelsorgerlich Lebensorientierungen in dieser Welt vermitteln. Diese Spannung wird dann in zwölf Aufsätzen exemplarisch vertieft, wobei zunächst allgemein religiöse Bewegungen (wie das antike Judentum) analysiert werden, es folgt eine Beschreibung des Wirkens von Geistlichen (bspw. Beichtväter) und von religiösen Gruppen (wie die jüdisch-orthodoxen Parteien in Israel), schließlich werden religiöse Funktionsträger vorgestellt. Dabei werden Strukturen und Sachverhalte in allen drei abrahamitischen Religionen berücksichtigt; dennoch wirken die Studien etwas heterogen. Um so wichtiger ist der Schlussbeitrag von Waldmann, in dem das Verhältnis von Religion und weltlicher Herrschaft typologisch gegliedert und kommentiert wird. Näherhin werden fünf Relationen vorgestellt, die von dem Extrem der absoluten Machtlosigkeit der Religion über die Abstufungen der Unterlegenheit, der Einflussnahme und der Machtteilhabe bis zum anderen Extrem ihres Machtmonopols (Theokratie) reichen. Mit Blick auf die religiöse Kraft beobachtet Waldmann eine „tendenzielle Asymmetrie“ (254), also eine nachhaltigere Wirkung von eher machtlosen Religionen, während politisch etablierte Religionen leichter bedeutungslos werden können. Doch relativiert er mit Recht diesen Befund, der erstens „keine deterministischen Kausalitäten, sondern allenfalls strukturell bedingte Wahrscheinlichkeiten“ (264) aufzeige und der zweitens durch einen Blick auf die Glaubenden und ihre (Leidens-) Erfahrungen ergänzt werden müsse.
Volker Stümke (VS)
Dr., evangelischer Theologe, Priv.-Doz. für evangelische Sozialethik, Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.63 | 2.61 | 2.65 | 2.67 Empfohlene Zitierweise: Volker Stümke, Rezension zu: Bernd Oberdorfer / Peter Waldmann (Hrsg.): Machtfaktor Religion. Köln/Weimar/Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34283-machtfaktor-religion_41146, veröffentlicht am 01.03.2012. Buch-Nr.: 41146 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken