Skip to main content
Manfred Berg

Lynchjustiz in den USA

Hamburg: Hamburger Edition 2014; 275 S.; 32,- €; ISBN 978-3-86854-273-8
Die Lynchjustiz gehört neben der Sklaverei zu den Schattenseiten der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Welch tiefe Spuren diese im Gedächtnis der Nation hinterlassen hat und welche Wirkungen sie bis heute zeitigt, demonstriert in bewundernswerter Art die Studie von Manfred Berg. Er versteht unter Lynchjustiz in Abgrenzung zu hate crimes und race riots die „extralegale Bestrafung angeblicher Verbrecher“ (10) durch Gruppen, die im Namen einer höheren Gerechtigkeit und/oder beseelt durch den Gedanken der Volkssouveränität handeln. Durch Letztgenanntes vermag man die großen Linien bis in die Gegenwart zu ziehen. Denn: Im Gegensatz zu Europa, wo die Demokratisierung der Ausbildung eines staatlichen Gewaltmonopols zeitlich nachgeht, sei ebendieses in der politischen Kultur der USA nur schwach ausgebildet. Daraus resultiere ein für die westlichen Staaten erstaunlich hohes Maß an privater Gewaltanwendung, das durch die breite Akzeptanz von Schusswaffen und eines weiten Begriffs legitimer Notwehr verstärkt und zugleich verursacht werde. In diesem Zusammenhang ist laut Berg auch die Lynchjustiz zu betrachten, die als Ausdruck der Schwäche des Staates und ebenso auch als Rebellion gegen die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols gesehen werden muss. Die extralegale „Selbstverteidigung“ des Volkes gegen vermeintliche Verbrecher werde auf das aus der Revolution geborene Ideal der Volkssouveränität zurückgeführt. Weil der Staat nicht schnell und effektiv genug vorgehe, müsse das Volk – so gesehen – das Gesetz selbst in die Hand nehmen. Berg räumt zudem mit der auf den Historiker Fredrick Jackson Turner zurückgehenden Vorstellung auf, die Lynchjustiz sei an der frontier aus der Notwendigkeit der Selbstorganisation des Volkes in Abwesenheit des Staates entstanden. Wer sich stets gefragt hat, warum es vor allem im Süden der USA eine breite gesellschaftliche Akzeptanz mit Blick auf die Verbreitung von Schusswaffen und die Durchführung der Todesstrafe gibt, wird in diesem Buch eine historische Erklärung für diese Phänomene finden.
Patrick Stellbrink (PS)
M. A., Politikwissenschaftler, Promovend an der TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.642.212.23 Empfohlene Zitierweise: Patrick Stellbrink, Rezension zu: Manfred Berg: Lynchjustiz in den USA Hamburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37357-lynchjustiz-in-den-usa_45728, veröffentlicht am 31.07.2014. Buch-Nr.: 45728 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken