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Jörg Arnold / Dietmar Süß / Malte Thießen (Hrsg.)

Luftkrieg. Erinnerungen in Deutschland und Europa

Göttingen: Wallstein Verlag 2009 (Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts 10); 374 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-8353-0541-0
Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg waren nicht nur historische Ereignisse, sondern haben zugleich eine Nachgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht. Die Herausgeber – sie sind Historiker – fragen nach einer europäischen Erinnerungsgeschichte und bringen hierzu eine Sammlung wissenschaftlicher Einzeluntersuchungen zusammen, die aus einem Workshop im Oktober 2008 in Jena hervorgegangen sind. Darin werden Gemeinschaften, Konflikte, Ambivalenzen und Brüche lokaler und nationaler Gedächtniskulturen aufgespürt und ihre transnationalen Verbindungen und Grenzen dargelegt. Gemeinsame Leidens- und Verlusterfahrungen sowie Erzählungen über die Ereignisse der Luftangriffe seien Bestandteile einer diskursiven Bewältigung der Kriegsfolgen. Dabei würden Erinnerungen stets im Zusammenhang mit politischen und kulturellen Grenzziehungen der europäischen Nachkriegsjahre stehen, später in den Täter-Opfer-Diskursen auftauchen und einen integralen Bestandteil nationaler Gemeinschaftsdiskurse bilden. Drei zentrale Fragestellungen durchziehen die Aufsatzsammlung: Erinnerungen im kommunalen Gedächtnis und die Ausformung von Formen und Funktionen des „Geschichte-Machens“ (11). Der Luftkrieg als Instrument, um Geschichts- (und damit auch Gesellschafts-)politik zu machen, die Beobachtung langfristiger Erinnerungsprozesse in nationalen und transnationalen Kontexten und letztlich die wechselseitigen nationalen Bezüge und transkommunalen Netzwerke der Erinnerung. Welche Veränderungen Erinnerungsdiskurse durchlaufen haben, aber auch welche Bedeutung es hatte, wenn besetzte Städte (auch) von eigentlich Verbündeten (den Alliierten) bombardiert wurden und auf diese Weise eine Vermengung von Tätern und Opfern stattfand, sind weitere Themen des Bandes. Hier sei gerade in Italien und Frankreich mit Schweigen reagiert worden. Zum Wandel von Erinnerungen würden verschiedene Faktoren beitragen: eine veränderte Medienwelt (mit Filmbildern), der Bedeutungszuwachs der Zeitzeugen, das Entstehen europäischer Erinnerungsorte sowie zahlreiche Forschungen und Ausstellungen.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.23 | 2.35 | 2.312 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Jörg Arnold / Dietmar Süß / Malte Thießen (Hrsg.): Luftkrieg. Göttingen: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31575-luftkrieg_37602, veröffentlicht am 04.05.2010. Buch-Nr.: 37602 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken