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Lisa Heschl / Julia Juri / Manuel P. Neubauer / Jürgen Pirker / Matthias Scharfe / Lorin-Johannes Wagner / Malina Willgruber (Hrsg.)

L'État, c'est quoi? Staatsgewalt im Wandel

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (54. Assistententagung Öffentliches Recht); 326 S.; brosch., 49,- €; ISBN 978-3-8487-1311-0
Der Begriff der Staatsgewalt steht im Fokus der hier versammelten Beiträge. Diese befinde sich, wie die Herausgeber in ihrer Einleitung skizzieren, im Wandel – weg von einem zentralen, konkret verortbaren Institutionengefüge im Sinne eines „unangefochtenen Herrschers“ (5) hin zu einem dezentralen, fluiden Ensemble verflochtener Interessen. Was Staatlichkeit ist, was zumindest sie sein kann, zeigt Roya Sangi in ihrem auf die Demokratietheorie Habermas’ ebenso wie auf die Gouvernementalitätstheorie Foucaults rekurrierenden Beitrag. Souveränität ist dabei, so führt sie aus, unzweifelhaft der Kernbegriff moderner Staatlichkeit. Habermas fokussiert das mit der Souveränität einhergehende Recht – verstanden als „funktionale Ergänzung der Moral“ (19) – und seine legitime Setzung im Diskurs. So entwirft er seine normative Vorstellung einer deliberativen Demokratie als rechtlich garantierter Gestaltungszugriff der Bürger_innen auf den Staat. Foucault hingegen konzentriert sich auf die „konkreten Technologien der Macht“ (25). Mit dem Begriff der Regierung gelingt es ihm, so Sangi, jenseits der institutionellen und Verfahrensebene auch Mikropraktiken der Macht in den Blick zu nehmen: „Diese neue Perspektive ermöglicht Machtbeziehungen unter dem Blickwinkel von Führung zu untersuchen und setzt sich damit vom Modell des Rechts ab.“ (27) Erodiert angesichts solch heterogener, einander ausschließender Bezugnahmen auf moderne Staatlichkeit beziehungsweise Regierungskunst das „anthropologische Konstrukt“ (300) des Staates? Vanessa Rüegger diagnostiziert zumindest eine zunehmende Fluidität im Verhältnis von Recht und Demokratie: In dem Maße, wie Souveränität zunehmend, und in Anschluss an die Diskurstheorie von Habermas, als „verflüssigte Kommunikation“ (303) begriffen werden müsse, entziehe sie sich einer definitiven Beschreibung. Den Schritt allerdings zu gehen, dass auch gezielt kommunizierte Irrationalität oder auf kontingenten Gründen basierende Plausibilität legitimitätsstiftend wirken könnten, wagt Rüegger nicht. Die insbesondere auch aus demokratietheoretischer Perspektive überaus lesenswerten Beiträge des Bandes gehen zurück auf die „54. Assistententagung Öffentliches Recht“, die im Februar 2014 in Graz stattgefunden hat.
{LEM}
Rubrizierung: 2.215.412.322.43.13.33.54.41 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Lisa Heschl / Julia Juri / Manuel P. Neubauer / Jürgen Pirker / Matthias Scharfe / Lorin-Johannes Wagner / Malina Willgruber (Hrsg.): L'État, c'est quoi? Staatsgewalt im Wandel Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39995-ltat-cest-quoi-staatsgewalt-im-wandel_46616, veröffentlicht am 11.08.2016. Buch-Nr.: 46616 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken