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Gesa-Stefanie Brincker / Mathias Jopp / Lenka Anna Rovná (Hrsg.)

Leitbilder for the Future of the European Union. Dissenting Promoters of Unity

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Europäische Schriften 90); 420 S.; 69,- €; ISBN 978-3-8329-4845-0
Ausgehend von der sozialkonstruktivistischen Prämisse, dass nicht nur materielle Interessen und rationale Kosten-Nutzen-Kalküle, sondern auch kollektive Deutungsmuster und geteilte politische Einstellungen das Handeln von Staaten bedingen, untersuchen die Autoren die Auswirkungen der Erweiterungsrunden von 2004 und 2007 auf nationale Diskurse über die Zukunft der Europäischen Union. Der Band setzt sich aus diskursanalytischen Einzelfallstudien zu den EU-Diskursen in Tschechien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Polen und Großbritannien sowie einführenden theoretischen und abschließenden vergleichenden Aufsätzen zusammen. Seine besondere Stärke besteht darin, dass die Fallstudien demselben Untersuchungsdesign folgen. Die nationalen Diskurse über die Zukunft der EU werden auf einem Vier-Felder-Schema verortet, das zwischen einem supranational-liberalen, einem supranational-interventionistischen, einem intergouvernemental-liberalen und einem intergouvernemental-interventionistischen Leitbild unterscheidet. Aus dem Vergleich der nationalen Positionierungen lassen sich drei Thesen ableiten: die der Fragmentierung, der Kontinuität und der Neuerfindung der EU. Die unterschiedlichen Leitbilder werden jeweils als Ausdruck respektive als abhängige Variable der jeweiligen nationalen politischen Kultur (unabhängige Variable) interpretiert. In dieser Komplexitätsreduktion besteht die einzige Schwäche des Bandes. Indem die unterschiedlichen Diskurse über die EU als schlichte Folgeerscheinungen objektiv gegebener nationaler Kulturen gelesen werden, wird übersehen, dass es sich bei diesen Diskursen um politisch-performative Kräfte handelt, die das Feld der politischen Kultur reproduzieren und modifizieren. So gerät aus dem Blick, wie politische Diskurse auf selektive Weise Traditionen fortschreiben, neue politische Identitäten schöpfen und eine nationale politische Kultur hegemonisieren. Der Sammelband ist aus dem Forschungsprojekt „Leitbilder for the European Union after Enlargement: Fragmentation, Continuity or Reinvention?“ hervorgegangen, an dem das Institut für Europäische Politik in Berlin, das politikwissenschaftliche Institut der Universität Köln und das Institut für Westeuropastudien der Karls-Universität Prag beteiligt waren.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 3.1 | 3.7 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Gesa-Stefanie Brincker / Mathias Jopp / Lenka Anna Rovná (Hrsg.): Leitbilder for the Future of the European Union. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34129-leitbilder-for-the-future-of-the-european-union_40936, veröffentlicht am 20.10.2011. Buch-Nr.: 40936 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken