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György Dalos

Lebt wohl, Genossen! Der Untergang des sowjetischen Imperiums. Hrsg. von Christian Beetz und Oliver Mille

München: C. H. Beck 2011 (Beck'sche Reihe 1996); 174 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-406-62178-9
Als das sowjetische Raumschiff Sojus und eine US‑amerikanische Apollo‑Raumfähre 1975 im All aneinandergekoppelt wurden, erinnert György Dalos, konnten die Kosmonauten und Astronauten auf eine Erdkugel hinabschauen, auf der „der Weltkommunismus seine höchste Ausdehnung erreicht hatte“ (7) – und wohl niemand hätte sich damals vorstellen können, dass dieses Riesenreich nur 14 Jahre später in sich zusammenfallen würde. In der Rückschau allerdings ist es nicht verwunderlich, dass es nach diesem kosmischen Höhepunkt nur noch abwärts gehen konnte, nicht nur der tatsächlichen Fallhöhe wegen. Der ungarische Schriftsteller und Historiker Dalos, der selbst zur Opposition gehörte, erzählt von dieser Implosion als einer mosaikartigen Entwicklung aus lauter kleinen Ereignissen, die für sich genommen bedeutungslos geblieben wären, ihre Wirkung aber im Zusammenspiel entfalteten. Die Erklärung dafür, dass der Niedergang des Sowjetkommunismus schließlich friedlich verlief, findet sich dabei in der chronologischen Schilderung, „wie das Unvermeidliche von den Protagonisten allmählich erkannt wurde und was sie getan haben, um den Prozess, wenn sie ihn schon nicht aufhalten konnten, doch wenigstens zu beeinflussen“ (123 f.). So zeigt sich, dass die Ostblock‑Staaten ihre Satellitenlaufbahnen in immer größeren Kreisen zogen, je schneller sich in Moskau Glasnost und Perestroika um die eigene Achse drehten – angetrieben von dem letzten Präsidenten der Sowjetunion, der angesichts von Wirtschaftsmisere und Menschenrechtsverletzungen im Namen des Kommunismus kein Diktator mehr sein wollte. Allerdings ist damit nicht die Geschichte zu Ende, betont Dalos, denn die „postsowjetische Welt ist von einem unstrittig positiven Bild weit entfernt“, der Frieden in der Welt nicht stabil und dauerhaft, außerdem müssen „ökologische, ökonomische und soziokulturelle Probleme“ (157) gelöst werden. Das für ein breites Publikum mit leichter Hand geschriebene Buch ist Teil eines Cross‑Media‑Events, zu dem auch Veranstaltungen, ein Webformat und eine TV‑Serie, die auf Arte gezeigt wird, gehören.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.624.1 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: György Dalos: Lebt wohl, Genossen! München: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35728-lebt-wohl-genossen_43290, veröffentlicht am 28.02.2013. Buch-Nr.: 43290 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken