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Antonio Brettschneider / Ute Klammer

Lebenswege in die Altersarmut. Biografische Analysen und sozialpolitische Perspektiven

Berlin: Duncker & Humblot 2016 (Sozialpolitische Schriften 94); 461 S.; 89,90 €; ISBN 978-3-428-14790-8
Lassen sich biografische Risikomuster für Altersarmut identifizieren? Dieser Frage ist das Autorenduo in einem Forschungsprojekt der Deutschen Rentenversicherung Bund und des Forschungsnetzwerks Alterssicherung der Universität Duisburg‑Essen nachgegangen. Die Grundlage der Untersuchung bilden 49 Interviews mit Menschen, die ihre Rente mit Leistungen der Grundsicherung aufstocken. Ergänzt wird der empirische Teil durch einen Überblick über rentenpolitische Maßnahmen der vergangenen Jahre sowie über aktuelle Reformvorschläge. Nach der Methode der Grounded Theory werden die untersuchten Fälle durch ein „theoretical sampling“ identifiziert. Für die Untersuchung des Lebensverlaufs als mehrdimensionales Phänomen wird ein offenes, qualitatives Forschungsdesign angewendet, dabei werden fünf Risikogruppen unterschieden: familienorientierte Frauen, ehemalige Selbstständige, Menschen mit Migrationshintergrund, umbruchsgeprägte Ostdeutsche und komplex Diskontinuierliche. Die jeweiligen Risikofaktoren sind dabei sehr unterschiedlich. Sie reichen von vorzeitig aufgelösten privaten Alterssicherungen bei Selbstständigen über verlustreiche Scheidungen nach altem Scheidungsrecht bis hin zur fehlenden Auszahlung von Renten aus dem Herkunftsland nach Deutschland. Übergreifend waren gesundheitliche Probleme und falsche Entscheidungen bei der Altersvorsorge, teils aus traditionellen Motiven, teils aus Unwissenheit, zu beobachten. Den Abschluss bilden Vorschläge für Maßnahmen zur Verhinderung von Grundsicherungsbedürftigkeit im Alter, deren Kern eine Stärkung der Gesetzlichen Rentenversicherung bildet: Nur durch eine Pflichtmitgliedschaft für alle mit ausreichend hohen Beiträgen des Einzelnen lässt sich nach Ansicht von Antonio Brettschneider und Ute Klammer wirksam Grundsicherungsbedürftigkeit im Alter vermeiden. Die Rentenversicherung benötigt zudem mit Blick auf durch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung zu erwartende Beitragslücken einen sozialpolitischen Sicherungsauftrag. Eine soziale Lebenslaufpolitik würde schließlich individuell unterschiedliche Lebensentwürfe ermöglichen, auch wenn diese sich vom Standardmodell mit 40 Jahren Vollzeittätigkeit unterscheiden.
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Rubrizierung: 2.352.342 Empfohlene Zitierweise: Daniel Gerstenhauer, Rezension zu: Antonio Brettschneider / Ute Klammer: Lebenswege in die Altersarmut. Berlin: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39866-lebenswege-in-die-altersarmut_48443, veröffentlicht am 28.07.2016. Buch-Nr.: 48443 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken