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Roger Blum

Lautsprecher und Widersprecher. Ein Ansatz zum Vergleich der Mediensysteme

Köln: Herbert von Halem Verlag 2014 ; 440 S. ; 28,- €; ISBN 978-3-86962-049-7
„Es gibt politische Systeme, in denen die Medien völlig im Dienst der staatlichen Macht stehen – als Lautsprecher. Es gibt andere, in denen sie eine kritische Rolle der Regierung gegenüber einnehmen – als Widersprecher.“ (13) Ausgehend von der These, dass die nationalen Mediensysteme durch das jeweilige politische System bestimmt werden, erstellt der Medienwissenschaftler Roger Blum über den von ihm entwickelten „pragmatischen Differenz‑Ansatz“ eine Typologie zur Einordnung von Mediensystemen – die selbstverständlich mehr umfasst als die oben aufgeführte Dichotomie. Das Verhältnis von politischem zu medialem System erläutert Blum beispielhaft an 23 Ländern, die er „prototypisch“ (23) aus der Gesamtauswahl aller Länder der Welt ausgewählt hat. Er gruppierte sie bereits im Vorfeld nach der Offenheit ihrer politischen Systeme, von ideologisch geschlossen über patriotisch intendiert – Länder mit autoritären Strukturen, „in denen sich Führer herauskristallisierten, die alles Wichtige entschieden“ (117), – bis zu liberal. Anhand von elf Kriterien, die sowohl das Regierungssystem, die politische Kultur, die wirtschaftliche Organisation der Medien und die Journalismuskultur umfassen, ordnet Blum die Mediensysteme entlang von drei Grundtypen ein, sodass sich nach seinem pragmatischen Differenz‑Ansatz sechs Modelle ergeben. Beispielsweise ordnet er Deutschland zum Public-Service-Modell zu. Am Kriterium der Journalismuskultur untersucht der Autor etwa das Rollenbewusstsein der Journalist_innen: „Sehen sie sich eher als eigenes soziales System oder als Teil […] des politischen Systems, des Kultursystems oder des Wirtschaftssystems? Verhalten sie sich eher machtkritisch und investigativ oder machtnah und konkordant?“ (346) Für das Klientel‑Modell, zu dem Blum unter anderem Italien zählt, hält er fest: „Der Journalismus kommt nicht ohne Seilschaften aus, wie überhaupt der Klientelismus die politische Kultur und die Medienkultur prägt. […] Die Selbstkontrolle und die Medienethik spielen im Berufsstand eine geringe Rolle.“ (387) Blum ist sich der Stärken wie Schwächen seines Ansatzes bewusst und erarbeitet die Typologie und die Schlüsse, die er daraus zieht, äußerst reflektiert und gründlich.
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Rubrizierung: 2.222.1 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Roger Blum : Lautsprecher und Widersprecher. Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38862-lautsprecher-und-widersprecher_45271, veröffentlicht am 17.09.2015. Buch-Nr.: 45271 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken