Der Band ist im Kontext eines interdisziplinären Doktorandenkollegs an der Universität Wien entstanden. Die Autoren beleuchten „Kulturen“ in einem ganz breiten Verständnis „als ein Insgesamt von symbolischen Formen und lebensweltlichen Praktiken“ (9), die sowohl gemeinsame Identitäten als auch Abgrenzungen produzieren. Reflektiert werden ebenfalls die unterschiedlichen disziplinären Kulturen, mit denen die Autoren sich dem Phänomen der Kultur in Zentraleuropa nach 1989 zuwenden. Trotzdem ist das Buch hauptsächlich nach universitären Disziplinen gegliedert. Im ersten geografischen Teil geht es um Migration, Städtebau und Architektur. Der zweite Teil ist politikwissenschaftlich und zeithistorisch geprägt, thematisiert werden vor allem unterschiedliche Formen der Vergangenheitspolitik durch symbolische und bildhafte Darstellungen. Im abschließenden literaturwissenschaftlichen Teil stehen der Krieg im ehemaligen Jugoslawien und dessen literarische Verarbeitungen im Zentrum des Interesses. Jeder Teil wird durch einen methodischen Beitrag eingeleitet. Pribersky arbeitet in einer solchen Methodenreflexion am Beispiel Ungarns die Bedeutung symbolischer Politik für die Transformation und gerade auch für aktuelle Konflikte heraus. „Die hier skizzierten Entwürfe kollektiver nationaler Identitäten […] scheinen tatsächlich eher soziale und politische Trennlinien zu bestimmen als Gemeinsames zu beschreiben.“ (133) Das Ausloten kollektiver Identitäten zwischen Gemeinsamkeit und Abgrenzung bleibt dann auch das Thema der Beiträge dieses Teils, am Beispiel der europäischen Balkandiskurse (Petrović), der unterschiedlichen Erinnerungskulturen in West- und Osteuropa (Uhl), der Diskurse über Kriegsdenkmäler in Slowenien (Luthar/Luthar) oder der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit in der Enquête-Kommission im Bundestag (Meznik).