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Yeliz Yildirim-Krannig

Kultur zwischen Nationalstaatlichkeit und Migration. Plädoyer für einen Paradigmenwechsel

Bielefeld: transcript Verlag 2014 (Kultur und soziale Praxis); 258 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2726-8
Diss. Jena; Begutachtung: J. Bolten, A. Moosmüller. – In ihrer Analyse will Yeliz Yildirim‑Krannig die „diskursive Konstruktion von Wirklichkeit in Bezug auf Migration und Integration in Deutschland“ (12) offenlegen. Dazu rekonstruiert sie die Migrationsgeschichte Deutschlands als deutsche Kulturgeschichte – die jedoch nicht als solche wahrgenommen beziehungsweise erinnert werde – und zeigt dabei die Bedeutung des Konzepts „Nationalstaat“ im Identitätsdiskurs auf. Prägend seien „Diskurse zur deutschen Nation als homogene Einheit“ gewesen; Homogenität habe „als diskursiv konstruierte Wirklichkeit […] die Wahrnehmung von Migration“ (45) beeinflusst, sei zur Norm geworden. Einen kontextualisierenden Vergleich zu anderen Nationen vermisst man hier allerdings. Anhand des Migrationsdiskurses in der deutschen Politik zeigt Yildirim‑Krannig anschließend, wie die national‑homogene Sichtweise seit der „Gastarbeiter“‑Anwerbung zunehmend an ihre Grenzen stieß, aber bis heute „die Unterscheidung in Deutsche per Abstammung und ‚Andere’ beziehungsweise ‚Fremde’ den politischen Diskurs auch weiterhin dominier[t]“ (112). Auch die Migrationsforschung in Deutschland, der die Autorin ein eigenes Kapitel widmet und zu deren Entwicklungen sowie zentralen Fragestellungen sie einen hilfreichen Überblick gibt, bilanziert sie kritisch als „‚Ausländer‑’ beziehungsweise eine ‚Problemforschung’“ (176) – nicht ohne den Zusammenhang mit dem politischen Diskurs herauszustellen. Einige Thesen des Buches werden spätestens hier allerdings geradezu gebetsmühlenartig wiederholt. Ähnlich geschieht dies im letzten Teil, wenn die Autorin aus ihren Befunden schließlich einen Vorschlag für einen Perspektivwechsel auf den Themenkomplex Integration und Migration ableitet. Ein solcher sei nötig, da die bisherige „Verwendung von Kultur im Sinne von Nationalkultur“ nicht nur Differenzen zwischen eigen und fremd verfestige, sondern auch „die Festschreibung von Individuen auf ihre ethnische Herkunft“ befördere und somit „das Handeln von Individuen auf als überindividuell vorausgesetzte, kollektive Muster zurückgeführt wird“ (187). Insgesamt bietet Yildirim‑Krannig aber weniger neue Erkenntnisse als vielmehr eine Übersicht der bestehenden Forschung und Literatur.
Frank Kaltofen (FK)
Politikwissenschaftler, Promotionsstudent, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.352.3435.22.31 Empfohlene Zitierweise: Frank Kaltofen, Rezension zu: Yeliz Yildirim-Krannig: Kultur zwischen Nationalstaatlichkeit und Migration. Bielefeld: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37502-kultur-zwischen-nationalstaatlichkeit-und-migration_46054, veröffentlicht am 04.09.2014. Buch-Nr.: 46054 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken