Zwei Volkswirtschaftler eröffnen den Reigen der interdisziplinären Reflexion über den arg strapazierten Begriff der Krise durch die Frage „Haben wir eine Krise?“ und beantworten sie, indem sie einen Vergleich der Ursachen und „Therapien“ (11) der Weltwirtschaftskrise von 1929 und der Finanzmarktkrise des Jahres 2008 vornehmen. Sie bescheinigen den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern, aus den Fehlern der Krise von 1929 gelernt zu haben, denn statt mit einer restriktiven Geld- und Fiskalpolitik zu reagieren, seien antizyklische Maßnahmen ergriffen worden. Diese Stoßrichtung des Vorgehens weise in die richtige Richtung. Der Sozialwissenschaftler Wolfgang Wagner widmet sich dem Verhältnis von Politik und Wirtschaft in Krisenzeiten, die Wirtschaftskrise sei die „Hochzeit der Politik. [S]ie selbst ist der erste Profiteur der Krise“, denn sie müsse heilen, was die Wirtschaft „angerichtet hat“ (213). Ronald Lutz widmet sich den sozialen Folgen der Krise. Er konstatiert eine Krise des Sozialen, die die Entstehung von Parallelgesellschaften und die Spaltung in Arm und Reich ermöglicht. Abgerundet wird der Band durch Beiträge aus dem Bereich der Medizin, wo Krisenphasen im Verlauf des Lebens als „spezifisch menschlich“ (8) betrachtet werden. Aus Sicht der Landschaftsplanung geht es um die Klimakrise, die ein Handeln auf allen Ebenen erfordert: global, national und regional. Plädiert wird für eine „kollektive Vernunft“ (101). Schließlich zeichnet der Erziehungswissenschaftler Hans Merken anhand von Untersuchungen wie der PISA-Studie den Umgang mit Krisen im Bildungswesen nach, wobei er zwischen Systemkrisen und biografischen Krisen unterscheidet. Der Band vereinigt eine Reihe von Vorträgen, die im Sommer 2009 unter der Regie der Fachhochschule in Erfurt sowie der Willy-Brandt-School der Universität Erfurt gehalten wurden.