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Birger P. Priddat / Michael Schmid (Hrsg.)

Korruption als Ordnung zweiter Art

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011; 238 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-531-17593-5
Das Phänomen der Korruption „ist nicht allein ökonomisch, rechtlich oder politisch aufschließbar“, schreiben die Herausgeber. Sie verstehen Korruption „als eine soziale Form, die in den Zwischenräumen sozialer Komplexität nicht nur den Markt erweitert oder marktferne Transaktionen absichert, sondern soziale Karrieren zulässt, die im legalen Vordergrund der Gesellschaft nicht entstehen können“ (7). Diese sozialen Strukturen sind Gegenstand des Bandes, sie werden aus verschiedenen, primär sozialtheoretischen Perspektiven betrachtet. Peter Graeff setzt sich beispielsweise mit den gemeinhin weniger beachteten negativen Effekten des Sozialkapitals auseinander und diskutiert die Integration des Korruptionsphänomens in die Sozialkapitaltheorie. In mehreren Beiträgen bedienen sich die Autoren der auf Serres zurückgehenden und systemtheoretisch von Luhmann aufgegriffenen Denkfigur des Parasiten zur Analyse der Bedingungen und Mechanismen korrupter Austauschbeziehungen. In ihrem Beitrag über die Funktion von Korruption in der japanischen Gesellschaft widmet sich Christina Stenner der Yakuza. Im Unterschied zu anderen mafiösen Organisationen strebe sie in erster Linie nach Macht und nicht nach Gewinn. „In ihrem Selbstverständnis ist sie politischer als die meisten anderen Syndikate. Sie stellt ihr Engagement in den Dienst für Kaisertum und Tradition. Sie sieht sich als Beschützer des japanischen Volkes und handelt nach dieser Ideologie.“ (163) Ihre Funktion sieht Stenner darin, dass sie auf staatliche und gesellschaftliche Defizite reagiert und sich „als Parasit am japanischen Staat [definiert], den sie aus konservativen Ideologien vor liberalen Einflüssen versucht zu protektionieren“ (189). Margit Weihrich sieht den Begriff des Parasitären problematisch: Er verdecke die Sprengkraft von Korruption, Mafia, Terrorismus und ähnlichen als parasitäre soziale Systeme bezeichneten kriminellen Organisationen. „Betrachtet man sie als Parasiten, scheinen sie von vornherein an Staatlichkeit und gesellschaftliche Ordnung gebunden.“ In dem von ihr beschriebenen Beispiel der Camorra zeigt sich, „dass sie sehr wohl in der Lage sind, staatliche Ordnungen weitgehend außer Kraft zu setzen“ (159).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.67 | 2.68 | 2.21 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Birger P. Priddat / Michael Schmid (Hrsg.): Korruption als Ordnung zweiter Art Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33222-korruption-als-ordnung-zweiter-art_39719, veröffentlicht am 16.06.2011. Buch-Nr.: 39719 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken